Wenn Staatsschützer zu Staatsfeinden werden

Zwanzig Generäle warnen vor einem Bürgerkrieg und dem Zerfall Frankreichs. Statt ihre Warnung ernst zu nehmen bzw. zu diskutieren, startet das politmediale Establishment eine Hexenjagd gegen die Überbringer der schlechten Nachricht.

„Dies ist eine schwere Stunde, Frankreich ist in Gefahr, mehrere tödliche Gefahren bedrohen es.“ So beginnt der offene Brief, der in der Zeitschrift „Valeurs actuelles“ veröffentlicht worden ist. Er ist von 20 Ex-Generälen unterzeichnet worden. Mittlerweile haben weitere 14.000 dieses Manifest unterschrieben, darunter zahlreiche weitere hochrangige ehemalige und aktive Militärs. Sie warnen vor dem Zerfall der Nation: „Einige reden heutzutage von Rassismus, Indigenismus und dekolonialen Theorien, aber über diese Begriffe ist es der Rassenkrieg, den diese hasserfüllten und fanatischen Unterstützer wollen. Sie verachten unser Land, seine Traditionen, seine Kultur, und wollen es auflösen.“

Eine der zentralen Aussagen in dem Schreiben: „Das ist eine Form der Desintegration, die mit Islamismus und den Horden aus den Vorstädten dazu führt, dass viele Teile der Nation abgetrennt und in Gebiete verwandelt werden, die Regeln unterworfen sind, die im Widerspruch zu unserer Verfassung stehen.“ Die Generäle sprechen an, was in Frankreich seit langem Thema ist, auch wenn linke Kräfte versuchen, es von der öffentlichen Debatte fernzuhalten. Schließlich ist die Islamisierung des Landes aufgrund der kolonialen Vergangenheit Frankreichs und seiner demographischen Strukturen schon weit vorangeschritten. Mit all den Phänomenen und Auswirkungen, die eine Transformation in ein islamisch geprägtes Land mit sich bringt. Frankreich ist, wie kein anderes Land in der EU, mit Terrorismus, Separatismus, Bandenkriminalität, Parallelgesellschaften, immer wieder ausbrechenden Unruhen etc. konfrontiert. Erst Ende April ist einem Polizistin bei einem islamistischen Terrorangriff ums Leben gekommen.

Das sind aber nur jene Oberflächenerscheinungen der Islamisierung, die es schlaglichtartig in die Medien schaffen. Jene Entwicklungen, die das Fundament des Staates, der Gesellschaft und der Demokratie unterspülen, bleiben hingegen weitgehend ausgeblendet. Etwa die von den Generälen angesprochene Desintegration: Aus immer mehr Viertel und Vorstädte (Banlieues) hat sich der französische Staat zurückgezogen, dort gelten eigene vormoderne Regeln und Gesetze. Es sind in Wahrheit exterritoriale Gebiete, die mit dem aufgeklärten, demokratischen und laizistischen Frankreich nichts mehr zu tun haben. Deren wichtigste und letzte Verbindung zu Frankreich die staatlichen Geldströme sind, von denen viele Bewohner dieser Viertel leben.

Präsident Emanuel Macron hat Anfang vergangenen Jahres die „republikanische Rückeroberung“ dieser Gebiete angekündigt: Er könne nicht billigen, dass in bestimmten Vierteln die Werte und Gesetze der Republik im Namen eines politischen Islams abgelehnt werden. Seine medial groß angekündigte Rückeroberungsstrategie ist längst im Sand verlaufen, zumal die Mittel völlig untauglich waren: mehr Sozialarbeiter, mehr Integrationsmaßnahmen, Förderung von Sportvereinen etc. Macron hat die Probleme erkannt, aber weder den Mut noch einen brauchbaren Plan, sie tatsächlich anzugehen. Er beschränkts sich, wie überall in Europa, auf Symbolpolitik und Symptombekämpfung. Die Generäle haben dieses Thema erneut aufs Tapet gebracht. Sie wollen die Verantwortungsträger wachrütteln, befürchten – zu Recht – den Zerfall der französischen Nation, sollte die Regierung nicht mit robusten Maßnahmen gegensteuern. Sie schreiben von einer „Laxheit“, die „sich in der Gesellschaft unaufhaltsam weiter ausbreitet“ und „zu einer Explosion führen wird“. „Wir sehen, es bleibt keine Zeit mehr zum Zögern, sonst wird morgen ein Bürgerkrieg diesem wachsenden Chaos ein Ende setzen, und die Toten, für die Sie die Verantwortung tragen, werden zu Tausenden gezählt werden.“

Dieses Eingreifen, dieser politische Kurswechsel, den die Generäle einmahnen, wäre unpopulär, würde Mut und Tatkraft erfordern, zu Verwerfungen und heftigen Gegenreaktionen jener führen, die ablehnen und verachten, was den französischen Staat ausmacht: Laizismus, Demokratie, Aufklärung, Freiheit. Das „laxe“ Establishment möchte aber lieber bequem weiter machen wie bisher, sich, wie es Michel Houellebecq prophetisch seinem Roman „Unterwerfung“ beschrieben hat, in vorauseilendem Gehorsam den sich verschiebenden realen gesellschaftlichen Mehrheits- und Macht-Verhältnissen möglichst unauffällig anpassen. Zumal sie selbst mit ihrer neosozialistischen, politisch korrekten Ideologie vorangetrieben haben, was die Generäle anprangern, Islamisierung, Multikulturalisierung und „Buntheit“ als Bereicherung verkauft haben.

Deshalb geht es in der durch diesen offenen Brief ausgelösten Debatte auch nicht um Inhalte, nicht um die angesprochenen Gefahren und Bedrohungslagen, nicht darum, ob das aufgeklärte Frankreich tatsächlich knapp vor dem Abgrund steht. Macron und das linke Establishment wissen, wie es um Frankreich steht, aber haben aus Feigheit, vorauseilendem Gehorsam und politischer Überzeugung nicht vor, etwas dagegen zu unternehmen, sind nicht bereit, auch nur darüber zu diskutieren. Deshalb drehen sie den Spieß um. Nicht der politische Islam, nicht die Rückkehr der Religion als bestimmende Kraft, nicht die Parallel- und Gegengesellschaften, nicht die sich ausbreitenden tribalen Strukturen würden das moderne Frankreich bedrohen, sondern die Generäle, jene, die dagegen politisch vorgehen wollen. Eine Zeitung schreibt, die Generäle würden sich in „reaktionärer oder nostalgischer Weise an Modellen einer früheren Epoche orientieren“.

Im postheroischen Europa sind Menschen, wie diese Generäle, tatsächlich Auslaufmodelle, in einer Gesellschaft, die nicht mehr bereit ist, ihre Werte Traditionen und Lebensweisen zu verteidigen, die sich und das, was sie ausgezeichnet und erfolgreich gemacht, längst aufgegeben hat. Die Generäle sind „Nostalgiker“, alte weiße Männer, die die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben. Was die Generäle verteidigen wollen, hat das Establishment längst aufgegeben, ist nur noch eine leere Hülle, die pro forma in politischen Sonntagsreden beschworen wird. Deshalb hat man den Generälen unterstellt, sie hätten Putschphantasien, hätten mit militärischer Intervention, einem Umsturz gedroht. Das ist nur eine Unterstellung, eine Putschdrohung lässt sich aus dem Brief nur mit viel Phantasie und bösem Willen herauslesen. Die Armeeführung hat umgehend Verfahren gegen die zwanzig pensionierten Generäle eingeleitet. Auch achtzehn aktiven Militärs drohen Sanktionen.

Regierung und linke Politiker versuchen zudem, die besorgten Militärs lächerlich zu machen, sie als aus der Zeit gefallene Figuren darzustellen, deren Ansichten skurril wenn nicht gar gefährlich sind. Industrieministerin Agnès Pannier-Runacher bezeichnete sie verächtlich als „Pantoffelgeneräle“. Es geht Medien und Politik ausschließlich darum, die öffentliche Aufmerksamkeit von den in dem Brief angesprochenen Gefahren und Bedrohungen abzulenken. Zumal Frankreich im Frühjahr 2022 einen neuen Präsidenten wählt. Angesichts der Entwicklungen in Frankreich liegt die den linken verhasste Marine Le Pen in Umfragen äußert gut, hat sogar Macron überholt. Le Pen hat sich auf die Seite der Generäle gestellt: „Es ist die Pflicht aller französischen Patrioten (…), sich zu erheben und in der Tat das Land zu retten”. Wobei sie betont, dass dies mit friedlichen Mitteln geschehen müsse.  Was Macron und die Medien massiv beunruhigt, dass laut einer Umfrage 58 Prozent der Franzosen mit dem Aufruf der Militärs bei “Valeurs Aktuelles” sympathisieren. Macron, die linken Kräfte und die Mainstreammedien werden deshalb in den kommenden Monaten all ihre Energie und Kräfte gegen Le Pen einsetzen und die Fehlentwicklungen, den Zerfall Frankreichs weiterhin ignorieren. Die wahren Feinde von Freiheit und Demokratie wird das freuen.

 

 

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