Van der Bellen: Wahl ohne Wahl
Die FPÖ will einen „frischen“ und „mobilen“ Kandidaten gegen Alexander Van der Bellen ins Rennen um die Hofburg schicken. Eine gute Entscheidung, den Bürgern eine Alternative zum greisen Allparteien-Kandidaten Van der Bellen zu bieten. Doch auch eine andere Variante wäre attraktiv: Das politisch korrekte ÖVPSPÖGRÜNENEOS-Herrschaftssystem durch Absenz bloßzustellen.
Wir leben – nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie – in einer postdemokratischen Gesellschaft. Wahlen in Österreich bzw. Europa ändern an den realen gesellschaftlichen Zuständen und Verhältnissen, an der grundlegenden Richtung, in die sich unsere Nationen entwickeln und an unserem alltäglichen Leben kaum noch etwas.
In allen zentralen und zukunftsrelevanten Fragen liegen Regierung und Opposition in Österreich – mit Ausnahme der politisch, medial und gesellschaftlich geächteten „Rechtspopulisten“ – auf einer Linie: Migration, Energiewende, Diversity, Gender, Wokeness, Umverteilung etc. Die politisch korrekten Glaubenssätze werden von keiner Einheitspartei mehr in Frage gestellt, egal ob sie sich einen liberalen (Neos), ökologischen (Grüne) oder bürgerlichen (ÖVP) Anstrich verpasst haben.
Die türkis-blaue Regierung hatte den Anspruch, den politisch korrekten Korridor, den vorgegebenen Spielraum in der ein oder anderen Frage auszureizen oder gar zu sprengen. Man denke etwa Herbert Kickls Maßnahmen zur Einschränkung der Zuwanderung und des Aslymissbrauchs oder das Nein der FPÖ zum UN-Migrationspakt.
Deshalb wurde sie mit dem Ibiza-Staatsstreich beseitigt. Wenn sich die Bürger „verwählen“ oder Rechtspopulisten mit Regierungsverantwortung nicht spuren, muss der tiefe linke Staat lenkend eingreifen. Unter solchen Rahmenbedingungen sind Wahlen zu einer Farce, einer billigen Show verkommen. Weil die Bürger keine mehr haben. Die Bundespräsidentenwahl würde sich gut dafür eignen, das den Bürgern in aller Deutlichkeit vor Augen zu führen. Viele Österreicher, vor allem Grünwähler und der linke Flügel der SPÖ haben mit einer von Linken gelenkten Demokratie, einem linksautoritären System kein Problem. Im Gegenteil. Das haben sie während der Pandemie als willige Corona-Untertanen, die alles freudig mitgemacht, was Rudi Anschober und seine Nachfolger verordnet haben, bewiesen. Kommunisten sind eben keine Demokraten.
Doch die Mehrheit der Bürger, viele ÖVP-, SPÖ- und Neos-Wähler sind das durchaus, wollen noch selbst bestimmen, wer sie wie regiert. Würde die FPÖ keinen Gegenkandidaten zu Van der Bellen aufstellen, würden vermutlich viele Bürger erkennen, dass wir längst in einer Postdemokratie leben: Van der Bellen wird von allen als „seriös“ anerkannten (Block)Parteien, also Regierung, SPÖ und Neos unterstützt. Auch alle großen Medien, die gesamte Kulturbranche, Wissenschaft, Kirchen und die sogenannte Zivilgesellschaft stehen geschlossen hinter VdB. Der Wahlsieger steht also von Anfang an fest. Diese Einheitsparteien brauchen bei der Bundespräsidentschaftswahl die FPÖ vor allem dafür, um Demokratie simulieren zu können. Nur mit einem halbwegs brauchbaren Antagonisten können sie ihre unzähligen TV-Duelle und Wahl-Konfrontationen in gewohnter Weise abspulen, ihn mit Dreck bewerfen, sein Leben durchwühlen, faschistische Schreckensszenarien (Frau Gertrude, Alpenmordor…) entwerfen, zum nationalen Schulterschluss aufrufen, Wahlplakate beschmieren etc.
Man braucht die FPÖ in diesem Wahlkampf nur, um einen demokratischen Wettstreit inszenieren zu können, damit die Linken sich als Kämpfer für eine offene, gerechte und bunte Gesellschaft, als mutige Aktivisten gegen das Böse fühlen dürfen. Ohne FPÖ-Kandidaten könnte man Österreich nicht vor der Übernahme durch die „Nazis“ retten und sich dabei mutig und wichtig fühlen, obwohl es in Wahrheit um nichts geht, das Drehbuch längst geschrieben ist. Van der der Bellen ist dank der Bündelung aller politisch korrekten Kräfte in allen Bereichen von Staat und Gesellschaft mit oder ohne Wahl- und Medien-Spektakel ein „alternativloser“ Präsident, die Wahl nur eine billig Schmierenkomödie. Die FPÖ könnte den linken Hegemonen diese Inszenierung verderben. Ohne Krokodil ist das Kasperltheater furchtbar langweilig. Selbst für Kasperlfans.
Ohne FPÖ blieben dem ÖVPSPÖGRÜNENeos-Kandidaten Van der Bellen nur die schrägen und schrulligen Spaßkandidaten als Gegner. In den Startlöchern stehen: Robert Marschall, Martin Wabl, Marco Pogo, Konstantin Haslauer, Rudolf Remigius Kleinschnitz und andere verlorene politische Seelen. Van der Bellen müsste – in Ermangelung eines echten Gegenkandidaten – mit diesen zum Teil schrägen Vögeln, so sie überhaupt die 6000-Unterschriften-Hürde schaffen – in den unzähligen TV-Konfrontationen diskutieren. Oder sie finden gar nicht statt. Was noch schlimmer wäre. Dabei sollten selbst den eingefleischtesten Van der Bellen-Fans auffallen, dass diese Wahl eine Farce ist. Das würde sowohl Van der Bellen als auch das Amt des Bundespräsidenten schwer beschädigen und vor allem das Blockparteiensystem in Frage stellen. Zudem würde, wenn es ohnehin nur einen echten und (wenn überhaupt) einige Spaßkandidaten gibt, die Wahlbeteiligung absacken. Würde sie gar bei unter 40 Prozent liegen, wäre auch die Legitimität der Wahl und damit des Bundespräsidenten in Frage gestellt.
„Der Staat sagt nicht, was legitim ist, es liegt an der Gesellschaft, dies zu tun.“ Würde der Staat allein die Quelle der Legitimität bestimmen, so der französische Soziologe Lahouari Addi, wäre er ein autoritärer bzw. totalitärer Staat. Das wäre ein deutliches Warnsignal für jene Bürger, die unter Demokratie noch etwas anderes verstehen als die Herrschaft der politisch korrekten Einheitsparteien.