Jetzt kommt die grüne Hungersnot
Russland dreht Deutschland den Gashahn zu. Ob Putin ihn wieder aufdreht, ist zweifelhaft. Die linke Ampel-Regierung ist überfordert, hat keinen brauchbaren Notfallplan. Ohne Gas bricht auch die Lebensmittelversorgung zusammen. Die Grünen verschärfen mit ihrer Energie- und Agrarwende die Nahrungsmittelkrise zusätzlich. Für sie sind Mangel und Not vor allem ein politisches Steuerungs- und Disziplinierungsinstrument.
Alles halb so schlimm. Das ist die Botschaft von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, als er Ende Mai eine Anfrage der Union beantwortete: „Bei einem Lieferstopp der Erdgaslieferungen aus Russland ist mit weiteren Preissteigerungen sowie Engpässen in der Versorgung bei einzelnen Lebensmitteln zu rechnen. Insgesamt ist die Versorgung mit Lebensmitteln in Deutschland aber weiterhin gesichert.“ Das klingt nicht erfreulich, aber auch nicht dramatisch, zumal das Landwirtschaftsministerium betont, dass „von einer Gasmangellage überwiegend Zierpflanzen- und Gemüsebauunterglasbetriebe betroffen“ seien.
Bereits im März hatte Özdemir den Bürgern empfohlen, „weniger Fleisch zu essen“. Das wäre „ein Beitrag gegen Putin“. Weniger Fleisch, einen zusätzlichen Pulli im Winter und kürzer duschen: Solche Ratschläge dienen nicht nur dazu, die grünlinke Agenda unter dem Vorwand der Krisenbekämpfung voranzutreiben, sondern vor allem, die Bürger nicht zu beunruhigen. Denn was auf sie zukommen könnte, ist weit schlimmer als auf Zierpflanzen und ein Schnitzel pro Woche zu verzichten. Die Nahrungs- und Futtermittelproduktion und damit die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmittel sind durch einen Lieferstopp von russischem Erdgas massiv gefährdet. Die Lebensmittelindustrie gehört zu den energieintensivsten Produktionszweigen und ist in hohem Maße von Erdgas abhängig. 15 Prozent des Gasverbrauchs der deutschen Industrie entfällt auf die Lebensmittelproduzenten. Nur die chemische und die Schwerindustrie verbrauchen noch mehr. Erdgas wird in allen Bereichen der Erzeugung von Lebensmitteln, Getränken und Futtermitteln benötigt. Die Produktionsprozesse sind energieintensiv und erfordern hohe Temperaturen, die am effizientesten mit Gas erzeugt werden können. Mit rund 94 Prozent fließt der Löwenanteil des Erdgases in Prozesswärme. Zu solchen Prozessen zählen Trocknen, Kochen, Backen, Garen, Tief- oder Abkühlen. Erneuerbare Energien spielen dabei kaum eine Rolle. Zudem ist Erdgas ein wichtiger Rohstoff zur Herstellung von Düngemittel und Verpackungen (Glas, Karton, Aluminium usw.). Der BASF-Konzern hatte im April gewarnt, dass es keine kurzfristige Lösung gebe, russisches Erdgas zu ersetzen. Der deutsche Chemie-Konzern produziert zahlreiche Grundstoffe, die für die Lebensmittelproduktion wichtig sind, darunter Ammoniak, das für die Herstellung von Düngemittel benötigt wird. Laut der Agrarchemiebranche kann ohne russisches Gas kein Stickstoff-Dünger mehr in Deutschland produziert werden. Das ist hochproblematisch, da Russland, der größte Produzent von Düngemittel, seine Exporte nach Deutschland eingestellt hat. Ohne Stickstoffdünger gehen die Ernteerträge dramatisch zurück. Bei Getreide um rund 40, bei anderen Feldfrüchten um bis zu 50 Prozent.
Laut dem Notfallplan der Regierung wird bei Gasmangel die Bundesnetzagentur zum Gasverteiler. Sie hat die Aufgabe, die Versorgung von „geschützten“ Kunden sicherzustellen. Dazu gehören private Haushalte, Krankenhäuser, Einsatzkräfte und Gaskraftwerke. Erst danach kommt die Industrie. Die Lebensmittelbranche drängt seit längerem auf eine Sonderstellung bei der Gasversorgung. „Stehen die Unternehmen der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft still, laufen wir in eine prekäre Situation“, so der Branchenverband der Getreideverarbeiter. Er warnt: „Dann bleiben Regale dauerhaft leer.“ Die Botschaft ist klar: Kein Gas, keine Lebensmittel.
Das hat in dieser Deutlichkeit noch kein Politiker ausgesprochen. Sie und die Mainstreammedien beschränken ihre Warnungen zumeist auf Probleme und Einschränkungen beim Heizen, Kochen und Duschen. Das ist nicht einmal die halbe Wahrheit. Auch für Gemüsezüchter wäre ein dauerhafter Gas-Stopp aus Russland eine Katastrophe. Sie brauchen das Gas zum Beheizen ihrer Gewächshäuser. In Großbritannien stehen die meisten seit März leer, weil die gestiegenen Energiekosten den Anbau von Gurken, Paprika oder Tomaten unrentabel gemacht haben. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Guido Zeitler: „Ein Stopp der Gaslieferungen hätte massive Auswirkungen auf die Nahrungsmittelherstellung. Wir würden zwar deshalb keinen Hunger leiden, aber es würde große Produktionsausfälle geben, die die Verbraucher in den Supermärkten spüren würden.“ Der Verband der Bayrischen Wirtschaft (VBW) hat in einer aktuellen Studie errechnet, dass im Fall eines russischen Gaslieferstopps die Nahrungsmittelproduktion in Deutschland um 32 Prozent einbrechen würde. Ein Drittel weniger Lebensmittel: Das klingt deutlich dramatischer als die Aussagen des verantwortlichen Ministers Cem Özdemirs, das geht weit über Lieferengpässe bei Zierpflanzen und vereinzelte Lebensmittel hinaus.
Einige Experten betonen zwar, dass gerade die Lebensmittelproduzenten auf Strom und Heizöl umsteigen können, doch das geht erstens nicht von heute auf morgen und setzt zweitens voraus, dass auch die Versorgung mit Strom und Erdöl zu wirtschaftlichen Preisen dauerhaft gewährleistet bleibt. Das ist aber alles andere als sicher, wenn das Gas ausbleibt. Rund 15 Prozent des deutschen Stromverbrauchs wird von Gaskraftwerken gedeckt. Zudem steigen bei Gasmangel viele Haushalte und Betriebe auf Strom um. Das bedeutet stark steigender Verbrauch bei sinkender Produktion. Das kann schnell zu Unterversorgung und sogar Blackouts führen.
2018 führt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe eine „Länder- und Ressortübergreifende Krisenmanagementübung“ (LUKEX) durch. Das Szenario: eine „Gasmangellage in Süddeutschland“. Das Amt kommt zu dem Schluss: „Bereits in der Übungsvorbereitung wurde festgestellt, dass in einer solchen Gasmangellage relevante lebensmittelverarbeitende und -produzierende Gewerbebetriebe, wie z. B. Großbäckereien und Molkereien, von Versorgungsunterbrechungen betroffen wären. Mit Andauern der Krise wäre in der Folge durch die Produktionsausfälle in den Bäckereien und der Milchindustrie die Lebensmittelversorgung betroffen.“ Ob solche Engpässe oder besser Produktionsausfälle durch Lebensmittelimporte kompensiert werden können, ist zweifelhaft, zumal auch andere Länder mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat bereits angekündigt, dass Ungarn Nahrungsmittel nur exportieren werde, wenn der heimische Markt abgedeckt ist. Zudem sind viele EU-Staaten wie etwa Österreich oder Italien ebenfalls in hohem Maße von russischen Gaslieferungen abhängig.
Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie, Christian von Boetticher: „Irgendwann ist nicht mehr die Frage, wie viel Rohstoffe für unser Essen auf dem Weltmarkt kosten, sondern ob wir überhaupt noch welche bekommen.“ Deutschland kann sich zwar selbst mit Nahrungsmitteln versorgen, das setzt allerdings eine ausreichende Versorgung mit Energie und Düngemittel sowie eine funktionierende Infrastruktur und genügend Anbauflächen voraus.
Doch die von den Grünen eingeleitete Agrarwende gefährdet auch ohne Gasmangel und fehlender Düngemittel die Nahrungsmittelproduktion im Land. Die Chefin der Mittelstandsvereinigung der CDU, Gitta Connemann, kritisiert Minister Özdemir angesichts seiner Politik und Ignoranz scharf: „Er müsste sich von morgens bis abends um nichts anderes kümmern als die Lebensmittelkrise. Stattdessen leere Terminkalender, ab und an ein Treffen mit Öko-Aktivisten und Social-Media-Filmchen für Warnwesten für Hühner – verantwortungslos.“
So wie im Energiebereich versucht die linke Ampel-Regierung auch bei der Agrarwirtschaft und Lebensmittelindustrie die aktuellen Entwicklungen für ihre politische Agenda zu nutzen und potenziert dadurch die Probleme. Ende vergangenen Jahres wünschte sich Özdemir höhere Preise für Nahrungsmittel. Die aktuellen Entwicklungen sind also politisch gewollt, sie sollen das Konsumverhalten der Bürger ändern und die Agrarwende vorantreiben. Özdemirs Wunsch ist mit seinem Zutun in Erfüllung gegangen. Die explodierenden Energie- und Erzeugerpreise, der Getreidemangel am Weltmarkt, die beschädigten internationalen Lieferketten etc. haben auch die deutschen Lebensmittelpreise explodieren lassen. Im Mai sind sie um durchschnittlich 11 Prozent gestiegen. Speisefette und Speiseöle lagen mit einem Plus von knapp 39 Prozent weit über dem Schnitt, ebenso Fleischprodukte (+16,5), Eier und Molkereiprodukte (+13,1), Brot und Getreideerzeugnisse (+10,8).
Diese Teuerung ist vor allem für Familien mit niedrigem Einkommen eine Katastrophe. Und die Preise werden weiter steigen. Hilfe haben sich die unteren Schichten von der linken Regierung keine zu erwarten. Die Ampel will ihre ideologischen Projekte wie Energie- und Agrarwende ohne Rücksicht auf Verluste durchziehen. Der Mangel an Energie und Nahrung dient ihr vielmehr als politisches Umerziehungs- und Disziplinierungsinstrument. Die frühere Landwirtschaftsministerin und nunmehrige Bundestagsabgeordnete Renate Künast bemerkte vor kurzem lapidar: Die „Zeit billiger Lebensmittel“ sei eben „vorbei“. Sie hält wie ihr Nachfolger trotz der aktuellen Entwicklungen an der Agrarwende fest. Diplom-Landwirt Dirk Andres, der zwei große landwirtschaftliche Betriebe leitet, warnt: „Wir haben deutlich das Gefühl, dass die deutsche Regierungskoalition noch nicht begriffen hat, in welcher schwerwiegenden Lage wir uns befinden.
Die Ampelregierung steuert das Land direkt in eine Katastrophe, da sie sich selbst überschätzend glaubt, die Krise für den Umbau der Gesellschaft, den Great Reset nutzen und sie beherrschen zu können. Das könnte sich als fatale Fehleinschätzung herausstellen. Wenn Lichter und Heizungen ausgehen und die Lebensmittel knapp werden, können Kräfte frei werden und Konflikte ausbrechen, die die linken Gesellschaftsingenieure und Zauberlehrlinge, ja das gesamte Parteiensystem hinwegfegen. Die aktuellen Krisen könnten tatsächlich einen „großen Umbruch“ auslösen, allerdings einen, den das politmediale Establishment so nicht geplant hat.