Yes We Care: Tugendhochamt der Gutmenschen
Tausende Menschen feiern sich am Wiener Heldplatz selbst. Wann und wo immer auf der Welt Krieg und Not herrschen, sind sie zur Stelle. Nicht um zu helfen, sondern um das Leid der Menschen für ihre politischen und monetären Ziele zu instrumentalisieren. Es geht um Macht, Einfluss, sozialen Status, Image und Geld.
Rund zehntausend Menschen sind laut Angaben der Polizei auf den Wiener Heldenplatz gekommen, um sich mit der Ukraine solidarisch zu erklären. „YesWeCare“ ist das Motto, das die Organisatoren dieses Konzertes ausgegeben haben, die sogar von über 100.000 Besuchern sprechen. Man will einmal mehr ein Zeichen setzen. Zehn Stunden lang treten an diesem Sonntag Bands auf. Große Stars sind nicht darunter. Die meisten Musiker könnten wohl nicht einmal eine mittelgroße Konzerthalle füllen, müssten sie regulär Tickets verkaufen.
Der Krieg in der Ukraine ist für sie eine ideale Gelegenheit, vor einem ansonsten unerreichbar großen Publikum zu spielen. Sie nutzen das Leid der Ukrainer als Marketingtool. Denn der Werbewert eines solchen Auftritts – das Konzert wurde live im TV übertragen, alle Medien berichteten prominent und wohlwollend – übersteigt die entfallene Gage bei weitem. Mit so einem Werbeauftritt kann ein Künstler sein Image als guter und selbstloser Mensch aufpolieren
Zwischen den Auftritten nutzen bei solchen Solidaritäts-Benefiz-Großveranstaltungen zumeist linke Politiker die Möglichkeit, sich in Szene zu setzen, sie können sich ohne Aufwand als Wohltäter und Menschenfreunde präsentieren. Applaus und positive Medienpräsenz sind ihnen bei solchen Heimspielen sicher. Am Wiener Heldenplatz war es der grüne Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der das Solidaritätsfestival für die Ukraine als Bühne für seine Wiederwahl im Herbst nutzte. Für solche, auf Emotionalität setzende Auftritte reicht es, die erwartbaren Satzbausteine in der richtigen Reihenfolge aufzusagen. Mehr braucht es nicht, um die gewünschten Effekte und Reaktionen beim Publikum vor Ort und im TV hervorzurufen.
Es ist eine Win-Win-Situation. Für die, die auf der Bühne, und jene, die vor und hinter ihr stehen. Diejenigen, in deren Namen solche Spaß- und Wohlfühlevents offiziell abgehalten werden, in diesem Fall sind es ukrainische Flüchtlinge, spielen in Wahrheit nur eine Nebenrolle. Wenn überhaupt. „YesWeCare“: Im Zentrum dieses Slogan steht „We“. Darum geht es: Wir sind die Guten, wir sind die Anständigen, wir retten die Welt, deshalb feiern wir uns selbst. Das Leid und die Not der anderen sind nur Mittel zum Zweck, der Aufhänger, sich selbst an seiner Moral und Tugend zu berauschen.
Irgendwo auf der Welt gibt es immer jemanden, dem man öffentlichkeitswirksam „helfen“, mit dem man sich „solidarisch“ erklären kann, ob er will oder nicht. Darin haben wir Europäer es zur Meisterschaft gebracht. Mehr als Zeichen setzen, für sein soziales Umfeld und sich selbst, tut man ohnehin nie. Ein Konzertbesuch, ein neues Profilbild auf Facebook, ein kleines Erkennungszeichen am Jackenkragen, unverbindliche Betroffenheit beim politischen Smalltalk etc.
Bei einem anderen Benefizkonzert für die Ukraine im Wiener Ernst-Happel-Stadion kamen bei 45.000 Besuchern gerade einmal 800.000 Euro an Spendengeldern zusammen. 95 Prozent Show, fünf Prozent Engagement. Diese bescheidene Summe hätte man auch ohne großen Aufwand einsammeln können. Doch ohne Pose und Selbstinszenierung anonym Geld zu spenden, ist in unserer hedonistisch-egozentrischen Gesellschaft für die meisten Menschen keine Option. Auch die Klimahüpfer von Fridays for Future, der Inbegriff dieses Zeitgeistes, tragen zur CO2-Reduktioen selbst absolut nichts bei, sie fordern sie lediglich lautstark ein.
Bei solchen Events geht es vorrangig nicht darum, die Not zu lindern, anderen zu helfen. Schließlich ist echte Hilfe mit Anstrengung, Verzicht und Zeitaufwand verbunden. Etwa wenn man selbst eine ukrainische Mutter mit ihren Kindern in seinem Haus aufnehmen würde. Tugend-Veranstaltungen wie „YesWeCare“ sind Ausdruck und Ausfluss der infantilen, hedonistischen Lebensweise jener Menschen, die es sich im neosozialistischen Nanny-Staat auf Kosten anderer gut eingerichtet haben. Sie sind es gewohnt, Hilfe immer nur einzufordern, niemals selbst zu leisten. Warum sollte man Verantwortung für jemanden übernehmen, wenn man es nicht einmal für sich selbst tut.
Deshalb verbindet man das Angenehme mit dem Nützlichen. Bei einem Gratiskonzert Spaß zu haben und dabei auch noch fleißig „Social-Credit-Points“ zu sammeln (bislang in Europa nur inoffiziell), die man für sein gesellschaftliches Ansehen und berufliches Weiterkommen gut gebrauchen kann, ist ein wirklich attraktives Angebot. Und sein Gewissen und seine Moral kann man obendrein auch noch aufladen.
Diejenigen, die auf der Bühne stehen, sind als Staatskünstler, sprich vom Staat alimentierte Propagandisten des politisch korrekten Zeitgeists ohnehin mehr oder weniger verpflichtet, regelmäßig solche Auftritte zu absolvieren, sich öffentlich zu den politischen Zielen und Glaubenssätzen des Establishments zu bekennen. Einige von ihnen leben sogar ausschließlich davon. Etwa Conchita Wurst, der Hauptact bei „YesWeCare“. Mangels Gesangstalent tritt diese woke Kunstfigur fast nur im Rahmen solcher linken Tugend-Kundgebungen auf, um die politischen Botschaften des Establishments schrill und aufdringlich zu verkünden.
Nicht zu vergessen sind auch die Organisatoren und die Menschen hinter solchen Events. Im Fall von „YesWeCare“ ist das Daniel Landau. Die Bewirtschaftung von Not, Leid und Elend hat bei den Landaus Tradition: Sein Bruder Michael ist eine ganz große Nummer in der Elendsindustrie. Er sich Chef der Caritas Österreich und von Caritas Internationalis.
Mit seinem Engagement hat es auch sein kleiner Bruder Daniel in diesem Business nach oben geschafft und zur mittleren Berühmtheit im Land gebracht. Er darf in Funk und Fernsehen auftreten und gemeinsam mit dem Bundespräsidenten seine süßlichen Botschaften unters Volk bringen. Nicht schlecht für einen unbedeutenden Lehrer und Kommunalpolitiker der Grünen.
Auch zahlreiche Firmen und Medien wollen am Erfolg solcher Gutmenschen-Events partizipieren. Auf der Webseite der Organisatoren von „YesWeCare“ finden sich viele Unterstützer, neben Privatfirmen, die ihr „Engagement“ für ihre „Corporate Social Responsibility“ brauchen, sind auch viele staatliche und staatsnahe Stellen darunter, vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk, über Kammern bis hin zu den Ministerien, die sich mit dem Steuergeld der Bürger ein positives Image verschaffen. Organisatoren, Sponsoren, Künstler, Politiker und auch das Publikum nutzen solche Events, um ihre Moral bzw. moralische Überlegenheit, die nichts anderes als Heuchelei ist, öffentlichkeitswirksam zur Schau zu stellen.
Man nennt das Virtue signalling. Mit dieser öffentlichen Zuschaustellung seiner Tugend wertet man seinen sozialen Status in unser woken Gesellschaft auf. Das ist in einem System, in dem in immer mehr gesellschaftlichen Bereichen – Politik, Medien, Justiz, Kunst, Wissenschaft etc. – nicht mehr Leistung, und Kompetenz, sondern vor allem Haltung, also Angepasstheit und Unterordnung wichtige Karrierefaktoren sind, von enormer Bedeutung.
Bei solchen öffentlichen Tugend-Hochämtern erheben die Gutmenschen ihren Anspruch auf die moralische und damit auch politische Führerschaft im Staat. Man präsentiert sich auf Grundlage dieser selbst zugesprochenen moralischen Überlegenheit als Elite der Gesellschaft, klopft sich, berauscht vom eigenen Gutsein und seinem Führungsanspruch, gegenseitig auf die Schulter. YesWeCare-Organisator Landau schreibt auf Twitter an den Bundespräsidenten nach dessen Auftritt: „Und das auch genau mit diesen Worten, das war uns allen ganz besonders wichtig und wertvoll! Danke!“
Arthur Schopenhauer hat „das Unglück als Surrogat der Tugend“ bezeichnet. Die Gutmenschen brauchen das Leid und das Unglück der anderen, um ihren Machtanspruch und ihre Position innerhalb der Gesellschaft zu legitimieren. Dafür wird jede Form menschlichen Leids instrumentalisiert, zur moralischen Inszenierung bzw. Selbsterhöhung genutzt. Hochkomplexe, multifaktorielle Prozesse und Ereignisse wie etwa der Ukraine-Krieg sind aus dem Blickwinkel dieser linken (Hyper)Moral, ganz simpel gestrickt. Und damit auch der Umgang mit ihnen. Wo Moral und Gefühle Politik und öffentliche Debatten bestimmen, kommt es zwangsläufig zur dichotomen Einteilung der Welt in Gut und Böse und zur Ausgrenzung und Verfolgung des politischen Gegners. Trotz des Solidaritäts-, Toleranz- und Pazifismus-Gesäusels. Im Ukraine-Krieg ist nach dieser Lesart Wolodymyr Selensky der uneingeschränkte Held und Wladimir Putin „das“ Böse. Graustufen lässt das von linker Hypermoral durchtränkte offizielle Narrativ nicht zu.
Jeder, der sich ein etwas differenzierteres Weltbild erlaubt, wird als Putin-Versteher gebrandmarkt, ein Vorwurf, der auf einer Stufe mit Corona-Leugner und Nazi steht. Wer solchen linken Tugendmessen wie „YesWeCare“ und deren ausgesendeten Botschaften nicht uneingeschränkt positiv gegenübersteht, ist politisch hochgradig verdächtig. Wie wichtig solche Veranstaltungen für das politmediale Establishment und deren Anhängerschaft sind, zeigt sich auch daran, dass die ansonsten so strengen Corona-Wächter kein Problem damit haben, wenn tausende Maskenlose dicht an dicht sich und die Obrigkeit feiern. Wenn es um die gute, also die eigene Sache geht, hat das Virus Pause. Solche Großkundgebungen sind aber nur ein Teil der linken Verwertungskette von Not und Elend, sie sind u.a. das PR-Instrument der Asyl und Sozialindustrie.
Es geht weniger darum, direkt Geld damit zu verdienen, obwohl die Abrechnungen solcher Veranstaltungen zumeist völlig intransparent sind, eine wichtigere Funktion solcher Großveranstaltungen ist es, den Boden für die milliardenschweren Geschäfte der Asyl- und Sozialindustrie zu bereiten, Stimmung in der Bevölkerung für sie zu machen. Das mag im Ukraine-Konflikt sogar eine gewisse Berechtigung haben. Doch es geht den Akteuren dieses unproduktiven „Wirtschafts“-Zweiges nicht vorrangig um das Schicksal ukrainischer Kinder und Frauen, sie brauchen schlicht neuen Nachschub für ihre Milliarden-Geschäfte mit der Not.