Wie der Bürger dressiert wird

Das chinesische Social Credit System ist eine real gewordene Dystopie, ein umfassendes Überwachungs- und Erziehungssystem. Aber ist das demokratische Europa tatsächlich so weit von den Zuständen in China entfernt?

Im Sommer 2014 hat der chinesische Staatsrat den Aufbau eines sogenannten Social Credit Systems (SCS) beschlossen. Seither laufen in chinesischen Städten und Provinzen verschiedenen Pilotprojekte. Die Pilotphase war bis 2020 geplant, nun soll das Überwachungs-, Steuerungs- und Erziehungssystem offiziell in Peking starten. Es ist für die 22 Millionen Einwohner der Hauptstadt verpflichtend.

Wobei handelt es sich beim SCS? Von offizieller Seite, also von der kommunistischen Führung, heißt es, man wolle die Bürger motivieren, zu besseren Menschen zu werden. Was als gut bzw. besser gilt, definiert die KPCh. Wer ein „Gutmensch“ ist, bestimmt das Regime nach genau festgelegten Kriterien. Um die Menschen bzw. ihr Verhalten bewerten zu können, wird ihr Leben umfassend überwacht und durchleuchtet.

Wer sich systemkonform verhält, sich in Staat und Gesellschaft nützlich macht, sammelt Sozial-Punkte, wer sich hingegen kritisch äußert, seine Steuern zu spät bezahlt oder nicht wie von der Staatsführung verordnet verhält, verliert seine Punkte und muss mit weitreichenden Konsequenzen rechnen. Sie reichen von der Drosselung der Internetgeschwindigkeit, dem Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen, höheren Steuern bis hin zu Reiseverboten in Flugzeugen oder Schnellzügen, Jobverlust, Sperrung des Bankkontos, Ausschluss aus den sozialen Medien etc. Es ist ein rigoroses, ein ausgeklügeltes Belohnungs- und Bestrafungsinstrument, eine politische Dressur.

Das SCS ist ein als Online-Rating-System (Social Scorings System) konzipiert, das auf zahlreiche staatliche und private Datenbanken zugreift. Erhoben werden die Daten auf Anordnung des Staates und mit der Hilfe der großen chinesischen IT-Konzerne. In einem  kommunistischen System ist das kein Problem. Mit dem SCS soll der Überwachung- und Erziehungsstaat perfektioniert und lückenlos umgesetzt werden.

Das SCS geht aber weit über ein reines Überwachungsinstrument hinaus, es schafft auch positive Anreize wie ein Online-Game. Wer etwa seine Großeltern im Pflegeheim besucht oder bei gemeinnützigen Organisationen mitarbeitet,  sammelt Punkte, steigt im Ranking auf und bekommt Vergünstigungen. Mit den Methoden der Gamifizierung wird das Verhalten der Menschen in die erwünschte Richtung gelenkt. Die kommunistische Führung will – so kommuniziert sie es – mit diesem totalitären Überwachungs- und Bewertungssystem das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat und seine Institutionen stärken. Zumindest sind mit dem SCS die Spielregeln für die Bürger klar definiert, er weiß, welche Handlungen, Verhaltensweisen und Äußerungen, welche Konsequenzen nach sich ziehen.

Für Europäer mag das beängstigend klingen, wie eine real gewordene Dystopie. Doch sind wir im Westen von den chinesischen Verhältnissen tatsächlich so weit entfernt? Haben wir nicht längst ein solch strenges Sozialkredit-System? Nur nicht offiziell, sondern auf informeller Basis? Eines, wo das politmediale Establishment und sein von ihm abhängiges Umfeld, sprich der offizielle und der tiefe Staat, das Verhalten von Individuen, Gruppen, Organisationen und Unternehmen beobachten und bewerten, um mit ihnen entsprechend zu verfahren? Sind die Grundrechte, die in Sonntagsreden beschworen werden, nicht längst eine leere Hülle, Schein? Die Bürger in Deutschland bzw. der EU werden wie in China für systemkonformes Verhalten belohnt und für unerwünschte Meinungen bestraft. Das politmediale Establishment, von der Regierung über die Behörden, Universitäten, Kirchen, Kultur und Medien, sie alle versuchen die Bürger gemäß der vorherrschenden neosozialistischen Ideologie zu erziehen, ihnen bestimmte Meinungen und Verhaltensweisen mit einem umfangreichen Belohnungs- und Bestrafungssystem anzutrainieren. Je weiter sich ein Bürger vom politisch korrekten Meinungskorridor entfernt, desto straffer werden die Zügel angezogen.

Was in  China vom Staat mehr oder weniger offiziell umgesetzt wird, ist auch in Europa Realität, wenn auch nicht mit so extremen Ausprägungen und nicht zentral gesteuert. Es ist ein gut eingespieltes System, bei dem die Akteure auch ohne gesetzliche Vorgaben, Verordnungen oder Befehle von oben wissen, was sie zu tun, wie sie mit Abweichlern umzugehen haben. Das soziale Bewertungssystem hat sich –ob es den Menschen bewusst ist oder nicht – tief in die Köpfe eingebrannt, auch ohne digitale Rankings. Das informelle europäische System gleicht mehr einem Vogel- oder Fischschwarm, die Chinesen haben hingegen klare Hierarchien mit Xi Jinping, dem „Überragenden Führer“, an der Spitze.

In allen wichtigen gesellschaftspolitischen Feldern lässt das europäische und amerikanische Establishment nur noch eine „alternativlose“ Meinung zu. In Fragen der Pandemie-Bekämpfung, der Migration, der Klimapolitik, des Feminismus, der Identitätspolitik etc. Wer vom Kurs abkommt, sich öffentlich kritisch äußert oder gar an regierungskritischen Demonstrationen beteiligt, wird von Politik, Behörden, Medien, Teilen der Wirtschaft und NGOs systematisch abgewertet, bestraft und an den gesellschaftlichen Rand gedrängt.

Dissidenten, „Querdenker“, unbequeme und kritischen Geister werden von den Meinungsführern und ihren „Followern“ nicht nur als (Cov-)Idioten beschimpft und damit in ihrem Menschsein massiv abgewertet, ihnen droht auch die Sperrung ihrer Social-Media-Zugänge, Jobverlust und der  Ausschluss aus dem öffentlichen Diskurs und gesellschaftlichen Leben. Zunehmend werden falsche Meinungen auch kriminalisiert. Gefängnisstrafen für Meinungsdelikte sind nur noch eine Frage der Zeit. Im Zuge der Corona-Pandemie hat das Establishment  dieses System optimiert, ausgebaut  und vor allem die Konsequenzen für Fehlverhalten drastisch verschärft,

Man denke daran, mit welchen Problemen die AfD und ihre Repräsentanten zu kämpfen haben. Sie werden von den Fußtruppen des Establishments, der Anti-Fa bedroht und attackiert, für die Journalisten und Künstler sind sie politische Prügelknaben und oftmals finden sie nicht einmal mehr Orte, wo sie ihre Treffen abhalten können. Sie sind im deutschen Sozialkredit-System ganz weit unten gerankt.

Wie sehr unser Verhalten bewertet, bestraft bzw. belohnt wird, zeigt das Beispiel Greta Thunberg. Der schwedische Teenager setzt sich für Ziele ein, die auch das politische Establishment in Brüssel, Berlin und Paris vertritt. Klimapanik als Hebel für den neosozialistischen Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft. Weil sie diese Agenda unterstützt und vorantreibt, wird das Mädchen und ihr Umfeld mit medialer Aufmerksamkeit – die sich auch monetär verwerten lässt –, positiver Berichterstattung –  die zeitweise an Anbetung grenzt – belohnt. Ihre kindliche Anhängerschaft durfte ungestraft und unter dem Applaus von Politik und Medien die Schule schwänzen, sie wurden als Vorbilder gefeiert. Keine Frage, wer sich für die „richtige“ Sache engagiert, sammelt viele Sozialpunkte und wird entsprechend belohnt.

Aus diesem Grund melden sich auch Promis aus der Medien- und Unterhaltungsbranche gerne und oft zum aktuellen politischen Geschehen zu Wort. Herbert Grönemeyer, Campino und Co. sammeln mit ihren systemkonformen Apellen und Mahnungen fleißig Sozialpunkte. Sie sind die Musterschüler dieses Systems. Die Pluspunkte bringen ihnen mediale Präsenz, positive Berichterstattung, Aufträge, Auftritte und soziales Prestige. Wer sich hingegen kritisch äußert –  man denke an Xavier Naidoo, Eva Hermann, Akif Pirincci oder zuletzt Michael Wendler –, wird an den Medienpranger gestellt und mit Shitstorms und Hetz-Kampagnen fertig gemacht, zur Unperson erklärt.

Wer für linke Klimapolitik, also Öko-Planwirtschaft, protestiert wird gefeiert und belohnt, wer gegen Massenzuwanderung oder die aktuellen Corona-Maßnahmen auf die Straße geht, gilt hingegen als Gefahr für Demokratie und Staat, ist ein Hasser, Verschwörungstheoretiker, Rassist, Rechtsextremer, jedenfalls kein ernstzunehmender Bürger mehr.

Ein Gegenbeispiel zu Greta Thunberg ist Martin Sellner, der ehemalige Kopf der Identitären Bewegung Österreich. Er wurde vor allem durch Aktionen bekannt, die sich gegen Masseneinwanderung und Islamisierung wandten. Mittlerweile ist er bei  allen großen Social-Media-Kanälen gesperrt worden, er kann bei keiner Bank ein Konto eröffnen, bekommt keinen angemessenen Job mehr, gilt als Staatsfeind.  Er wurde komplett vom sozialen Leben ausgeschlossen, ganz ohne offiziellem Social Credit System. Obwohl strafrechtlich nichts Relevantes gegen ihn vorliegt.

Es müssen aber nicht solche Extrembeispiele wie Thunberg oder Sellner sein. Unser informelles Sozialkredit-System betrifft und beeinflusst jeden. Es bestimmt unseren Alltag, Konsum, Essgewohnheiten, Gesprächsthemen, Gedanken etc. Alles was wir tun, wird auf die eine oder andere Weise registriert, bewertet und entsprechend belohnt oder bestraft.

Wie sehr sich das kommunistische China und das postdemokratische Europa bereits angenähert haben, sollte nicht verwundern, schließlich prägen die neosozialistischen Grünen seit Jahrzehnten Politik und Gesellschaft. Selbst ehemals  bürgerliche Parteien wie die Union sind längst auf diesen Kurs eingeschwenkt.  Auch wenn die von Linken beherrschten Medien uns die Grünen als neue bürgerliche, als politische Kraft der Mitte verkaufen wollen, ihre kommunistischen Wurzeln und Ziele haben sie nie abgelegt.

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