Strikte Eindämmung des neuen Coronavirus statt gebremste Durchseuchung

Als ob man den neuen Coronavirus nicht hätte kommen sehen, ergaben sich im Westen völlig unterschiedliche Strategien zu dessen Bewältigung, von denen einige bald verworfen wurden, während wichtige Zeit verstrich. Frühe und entschlossene Maßnahmen sind in jeder Hinsicht die beste Strategie.

Das hätten WHO und die Regierungen im Jänner schon wissen müssen. So wurde im Westen der Plan A versäumt und die Krise verlängert.  Nun muss darauf abgezielt werden, das Virus zu beseitigen und nicht etwa die Durchseuchung der Gesellschaft lediglich hinauszuzögern. Ansonsten drohen auch in Österreich immer noch Opferzahlen im fünf- oder gar sechsstelligen Bereich, bleibende Lungenschäden auch bei mittleren Verläufen und eine wirtschaftlich desaströse Verzögerung der Krise.

Um die österreichische und auch internationale Situation in der Viruskrise zu bestimmen, macht es Sinn, hinsichtlich der staatlichen Herangehensweisen in drei Modelle bzw. Pläne zu unterteilen. Man sieht darin, dass man Plan A – frühes Aushungern des Virus, wie bspw. in Taiwan – bis auf weiteres versäumt hat, dass Plan B große Variationen aufweist und dass Plan C, die Herden-Immunisierung, zum Scheitern verurteilt ist.  Einzelne Aussagen von Entscheidungsträgern scheinen Plan C letztendlich in Kauf zu nehmen, wenngleich mit Verzögerungen. Empfohlen wird, sich von Plan B auf Plan A zuzubewegen.

Falls es in Plan B nur darum geht, die medizinische Versorgung möglichst nicht zu überlasten, aber man eine Durchseuchung von 60 bis 70 Prozent  der Bevölkerung von ca. neun Millionen dennoch in Kauf nähme, lediglich über einen längeren Zeitraum hinweg, dann hätte man, bei einer angenommenen Sterberate von (simplifizierend) einem Prozent  am Ende ca. 60.000 Todesopfer, selbst bei relativ guter medizinischer Versorgung, wenn keine wirksame neue Behandlung bzw. Impfung rechtzeitig gefunden wird.

Nimmt man sehr optimistisch eine Todesrate von 0,5 Prozent  an, hätte man auch noch 30.000 Todesfälle. Funktioniert das medizinische System jedoch subobtimal, was eher anzunehmen ist, könnte sich die Todesrate multiplizieren und im sechsstelligen Bereich zu liegen kommen.

Der Philosoph Julian Nida-Rümelin sagte im „Talk im Hangar 7“ von ServusTV am 26.3.2020, dass  im Grunde alle noch der Strategie der Herdenimmunisierung folgen, bzw. sinngemäß, dass ihre Strategien des Verzögerns bei genauer Betrachtung darauf hinauslaufen.

Entscheidend ist deshalb, den Plan B in Richtung Plan A zu drehen, nämlich das Virus auszuhungern, sei es auch mit vorhersehbaren Rückschlägen, anstatt eine Durchseuchung lediglich zu verzögern. Und dies wurde in Österreich als Ziel erst diese Woche klar gemacht, nimmt man die Regierung beim Wort.

Ist das Virus weitgehend „ausgehungert“, beginnend in gewissen Regionen, kann regionale Produktion und Wirtschaft auch langsam wieder aufgenommen werden. Hier braucht es Ehrgeiz und Engagement. Plan B könnte sich ansonsten über ein oder mehr als 1,5 Jahre ziehen und am Ende droht der Worst Case: Wirtschaft am Boden, zwei Drittel infiziert, Tote im sechsstelligen Bereich und immer noch keine Impfung in Sicht.

Die in Österreich eingeschlagene Richtung hätte früher kommen sollen, ist noch nicht falsch, aber für den Ausgang muss das Ziel klar definiert werden und auch das, was man nicht will. Hätte man der Bevölkerung und der Wirtschaft die drei hier skizzierten Wege bereits im Jänner nach Analyse und öffentlicher Diskussion zur Wahl gestellt, hätte sich die westlichen Staaten viel erspart und es darf vermutet werden, dass das Votum der Bevölkerung und auch der Wirtschaft eindeutig ausgefallen wäre. Die Warner sehen sich leider bestätigt. Frühes und entschlossenes Eingreifen ist in jeder Hinsicht das Beste, auch jetzt und weiterhin.

Modell/Plan A (vgl. Taiwan):

Schließung der Grenze (bis auf Heimkehrer mit zumindest tlw. Quarantänemaßnahmen) und beginnende Einschränkungen vor bzw. beim ersten Fall:  Konsequentes „Tracking“ von Verdachtsfällen. Regionale Quarantäne und  kleinräumige Absperrungen beim (Wieder-)Auftreten von Fällen. Frühzeitig nur Durchreiseverkehr bzw. Rückreiseverkehr erlauben, Warenverkehr plombieren (Aussteigen nicht erlaubt), usf.  Ziel: Schnelles Austrocknen des Virus, wo es auftritt.

Baldige Wiederaufnahme der regionalen Wirtschaft, möglicherweise können vielerorts regionale Wirtschaftskreisläufe und Produktionen sogar ohne große Einschränkungen aufrechterhalten werden. Grenzkontrollen und Quarantäne je nach Umfeld ggf. noch länger aufrechterhalten.

Angenommene Todesfälle bei konsequenter Umsetzung: Einige wenige. Spätestens seit Jänner hätten WHO und die Regierungen der Bevölkerung diese Option im Falle eines Ausbruchs in Europa zur Diskussion bzw. zur Wahl stellen sollen.  Vor allem auch die Wirtschaft sollte diesem Modell zugeneigt sein, weil der Betrieb zeitlich nur gering eingeschränkt ist.

Dies Entspricht ungefähr der Vorgangsweise Taiwans. Dort wurden auch elektronische Mittel wie Handy-Tracing und in China ein grüner QR-Code angewandt, um sich in Städten bewegen zu können. Solche Maßnahmen sind in Europa freilich unpopulärer und könnten nur über ein sehr sorgfältiges Pandemiegesetz erwogen werden. Die Konzentration auf spezifische sektorale Maßnahmen wäre hier aber wohl wichtiger. Das Erreichen dieses Ziels wird jedenfalls mit fortschreitender Ausbreitung des Virus immer schwieriger.

Modell/Plan B:

Deutliche Restriktionen, Ausgangsbeschränkungen und Grenzschließungen bzw. Errichtung von (vorübergehenden) Sperrgebieten ab einer Zahl von 100-400 offiziell Infizierten in einem Siedlungsraum von vielen Millionen. China setzte zu diesem Zeitpunkt an, ebenso Österreich, China allerdings mit viel restriktiveren Maßnahmen, die zu einem Teil der viel höheren Besiedlungsdichte geschuldet sind. Hier hängt viel von der jeweiligen Effizienz der Maßnahmen, der Durchsetzbarkeit und der Disziplin der Bevölkerung ab.

In diesem Korridor befinden wir uns derzeit noch. Entscheidend wird sein, ob man sich von hier eher in Richtung Plan A bewegen kann: Aushungern des Virus – oder in Richtung Plan C: Infizierung von 60 bis 70 Prozent der Gesamtbevölkerung – nur über einen längeren Zeitraum hinweg.

Betrachtet man das erste offizielle Worst-Case-Szenario der österreichischen Regierung gemäß „Flatten the Curve“-Modell, wären zwei Millionen Österreicher zugleich infiziert, selbstverständlich unbewältigbar. Jedoch wären hier nach (anfangs angestrebten?) 25 Prozent  weniger Sozialkontakten am abgeflachten Höhepunkt dennoch 360.000 zugleich in Österreich infiziert. Deswegen werden offenbar längst mehr als 25 Prozent weniger Sozialkontakte angestrebt, denn eine Durchrechnung ergibt Folgendes:

Bei sechs Prozent Intensivpatienten bräuchte man dann rund 25.000 Intensivbetten, das sind fast so viele, wie es in der gesamten Bundesrepublik Deutschland gibt (28.000, die derzeit übrigens zu 80 Prozent belegt sind.) Es wären also gut 10-mal mehr Intensivbetten nötig. Dann hätte man hierfür aber noch kein medizinisches Pflegepersonal und auch keine Schutzkleidung. Hier müsste man auch schwerere Verläufe in eigens geschaffenen Lazaretten betreuen. Auch mittlere Verläufe enden häufig mit bleibenden Lungenschäden.

Besonders eng würde es hier werden: Benötigen (wiederum simplifizierend) ein bis zwei Prozent  ein Beatmungsgerät, wären das ca. 3000 bis 7000. Selbst wenn zeitversetzt nicht alle zugleich benötigt werden, haben wir hiervon viel zu wenige. Ein einzelner Patient braucht aber mitunter über Wochen hinweg ein Beatmungsgerät. Wenn dieser Fall einträte, würden Abertausende ohne entsprechende Behandlung und infolge eines medizinischen Chaos sterben.

Die Sozialkontakte müssen also weit mehr eingeschränkt werden als minus 25%, dies schien in Österreich bald angestrebt worden zu sein. Hat man uns die Kurve nur gezeigt, damit klar wird, dass sich das nicht ausgeht? Oder hielten sich die Österreicher disziplinierter an die Einschränkungen als zunächst erwartet?

Aus neueren Berechnungen der TU Wien geht hervor, dass die Sozialkontakte mindestens klar über 60 Prozent  besser gegen 80 Prozent  eingeschränkt werden müssen, damit man in absehbarer Zeit über den Berg ist. Im Juni wären die Neuinfektionsraten dann relativ niedrig. Für den öffentlichen Raum werden von Prof. Norbert Mauser dringend Masken und Handschuhe empfohlen. Schulen und Universitäten müssen in diesem Semester wohl geschlossen bleiben. Ein Wiederaufflackern der Epidemie könnte noch gröbere Folgen haben.

Das Positive: Ein weitgehendes Aushungern des Virus erscheint durchaus machbar und auch in Reichweite. Es wäre dringend empfohlen, an Beatmungsgeräten nachzurüsten bzw. heimische Produktionen darauf abzustellen.In einem solchen Plan B („Flatten the Curve“, „verzögern“) sind die größten Variabilitäten in der Methode und im Ausgang möglich. Die Variabilität ergibt sich durch Faktoren wie Bevölkerungsdichte, Siedlungsformen, kulturelle Verhaltensweisen, unterschiedliche Disziplin, Qualität und Effektivität der verschiedenen Maßnahmen und deren Umsetzung.

Modell/Plan C:

Forscher in Harvard rechnen damit, dass 60 bis 70 Prozent der Gesamtbevölkerung sich infizieren könnten. Diese Studie wurde von Angela Merkel und dem bekannten deutschen Virologen Christian Drosten öffentlich angesprochen. Dieses Modell geht offenbar unter liberalen Gesichtspunkten davon aus, dass konsequente Quarantäne-Maßnahmen nicht umsetzbar oder auch nicht gewünscht sind. Bis vor kurzem schienen sich die BRD und Großbritannien in diese Richtung zu bewegen, nun wurde eingelenkt, nachdem für Großbritannien hierdurch 500.000 Tote prognostiziert wurden, in den USA zwei Millionen.

Die Niederlande und Schweden scheinen immer noch mit diesem Sonderweg zu kokettieren, der Fehler ist offenbar immer noch nicht hinreichend erkannt. Bevor man das Chaos nicht in der eigenen Landessprache über den Bildschirm flimmern sieht, ist man geneigt, die sich verdüsternden Perspektiven zu verdrängen. Der ungeschönte Blick über die Grenzen ist deswegen leider wichtig. Gewisse liberale Grundhaltungen scheinen sich derzeit als die unflexibelsten herauszustellen. Infolge von nur geringen Einschränkungen kann man nach einer hochgradigen Durchseuchung der Gesellschaft aber nur noch auf eine „Herden-Immunisierung“ hoffen.

Einwände: Man hätte von vornherein eine sehr hohe Mindestopferzahl, welche nicht zu vertreten ist. Bleibende Lungenschäden nach einer schweren Covid-19-Erkrankung. Es ist unklar, wie lange eine (wahrscheinliche) Immunisierung anhält. Aus China wurden scheinbare Wieder-Infektionen gemeldet, die mitunter noch schwerer verlaufen. Nicht ganz außer Acht zu lassen wäre auch die Möglichkeit, dass das Virus gar nicht natürlichen Ursprungs sein und sich deswegen atypisch verhalten könnte.

Das schlagende Argument ist aber, dass keine westliche Regierung ein – obendrein völlig vorhersehbares – Massensterben durchhält, ohne einen anderen Weg versucht zu haben, welcher bereits funktioniert hat. Eine Opposition, die auch nur implizit den Plan C propagiert, wird ebenso scheitern. Es ist beunruhigend, dass sich in der BRD immer noch Experten wie selbstverständlich dahingehend äußern, dass man eine Immunisierung durch Infektion brauche. Man sollte dazusagen, was das genau bedeuten würde und auch, inwiefern man eigentlich schon aufgegeben hat.

Indizien, dass Österreichs Plan B noch in Richtung Plan C umkippen könnte:

In einem Interview vom 17.3.2020 mit einem in die Hochrechnungen involvierten TU-Experten beschreibt dieser das „Flattening the Curve“-Modell. Anhand der obigen Unterteilung in Modell A, B, C schwankt der Kalkulierer eher zwischen Plan B und C, anstatt zwischen B und A:

„[…] Flattening Effect: Je weniger intensiv die Kontakte sind, desto langsamer breitet sich die Krankheit aus. So wird das Maximum der gleichzeitig Erkrankten gesenkt. Das bedeutet, wir brauchen weniger Notfallbetten, haben idealerweise weniger Tote, weil alle versorgt werden können. Der Nachteil: Es wird länger dauern, der Peak wird niedriger, die Gesamtzahl wird auch etwas gesenkt.

Es gibt auch ein Szenario, das die Washington Post jetzt beschrieben hat

… ja, das wäre noch schöner: Wir erwischen alle Herde, können Corona so stark einschränken, dass es zu keiner durchgängigen Ausbreitung kommt und sich die Epidemie auflöst. Das halte ich aber für unrealistisch. Wir fokussieren uns also auf unser Maßnahmen und das Drücken der Kurve, denn dass der Effekt der Kontaktreduktion irre gut ist, wissen wir sicher.“ 

Ein Hinbewegen auf Plan A wird als „unrealistisch“ abgetan. Dies ist wenig ambitioniert. Vielleicht wurde die Disziplin der Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt auch noch unterschätzt. Zur Parlamentsdebatte am 20.3.2020 sagte Sebastian Kurz in seiner Rede

„Nachdem der Gesundheitsminister und ich in den letzten Wochen oft gefragt worden sind: Was bringt denn all das, wenn wir uns ohnehin anstecken, die Verbreitung kann man ja nicht zu 100% verhindern? Das ist alles vollkommen richtig – aber es geht nicht um die Frage so sehr, OB wir uns anstecken, sondern vielmehr um die Frage auch WANN wir uns anstecken.”

Die Frage, OB wir uns anstecken, wäre also nur sekundär (gegenüber dem WANN) oder wird eine Durchseuchung des Großteils der Bevölkerung in Kauf genommen, wenn die Ansteckung nur über einen längeren Zeitraum hinweg geschieht?  Spätestens an diesem entscheidenden Punkt wurde eine Klarstellung dieser Unschärfe des Bundeskanzlers dringend erforderlich. Was ist nun das konkrete Ziel des Regierungskurses?

Am 27. März wollte die österreichische Regierung die ersten Erfolge des weitgehenden Lockdowns  seit ca. zwei Wochen vorstellen und möglicherweise einen vagen Ausblick tätigen. Einerseits lagen die Erfolge noch etwas unter den Erwartungen, andererseits wurden neue Modelle durch Forscher und Teams vorgestellt, die offenbar nicht von Beginn an zur engeren Task-Force der Regierung gehörten. Die auf Montag verschobene Pressekonferenz wartete schließlich mit dem Ergebnis auf, dass die Ansteckungsraten noch deutlicher gedrückt werden müssten, um das Virus zu besiegen. Denn erst wenn ein Infizierter weniger als einen weiteren anstecke, könne dies gelingen.

Erst jetzt kann man die Aussagen der Regierung eindeutig dahingehend interpretieren, dass eine möglichst rasche Eindämmung der Epidemie durch Aushungern des Virus das Ziel ist, also das Zubewegen auf Plan A – und nicht etwa das Zubewegen auf Plan C, wo die Durchseuchung der Bevölkerung lediglich verzögert werden soll, mit allen oben genannten Folgen. Und genau daran sollte die Regierung nun gemessen werden.

Ausblick:

Nach einer ersten Phase des Containment, was ja ohnehin die offizielle Strategie der Regierung ist, muss die Schlinge um das Virus immer enger gezogen werden: Sektorales Containment (besteht mancherorts auch bereits), Absondern von Hot-Spots, natürlich auch bei regionalem Wieder-Aufflackern der Epidemie. Hierbei können regionale, flächendeckende Tests sehr hilfreich sein, insbesondere das „Pooling“ von Proben: 20 Testproben werden zu einer vermengt. Erst wenn diese positiv ist, werden alle 20 Einzelproben getestet.

Nicht zuletzt durch die zögerliche Vorgangsweise einzelner Staaten in Europa besteht die Gefahr, dass der ohnehin eigentlich zu spät eingreifende Plan B Österreichs, statt sich schon früher auf Plan A und das effiziente Aushungern des Virus hinzubewegen, noch in Richtung Plan C verwässert werden könnte.  Gegenüber Ländern, die aus Zaghaftigkeit und Unvernunft die Krise länger nicht in den Griff bekommen, müssen Grenzkontrollen und Quarantänemaßnahmen selbstredend aufrecht erhalten werden, sonst hätten alle Anstrengungen und Entbehrungen keinen Sinn gehabt. Ohnehin ist abzusehen, dass das Virus wieder und wieder aufflackern wird, was regionale Einschränkungen bedingt.

Denn im schlimmsten Fall könnte Plan B zu einem Mischsystem ausarten, in welchem die schlechten Auswirkungen immer mehr überwiegen: Wo die Wirtschaft und das öffentliche Leben sehr lange stillsteht, das Virus nicht ausgehungert wird (und auch keine Immunität erreicht wird), sich sehr viele Menschen anstecken und sehr viele sterben, mitsamt chaotischen Zuständen. Aspekte dessen sind wohl kaum noch zu vermeiden.

Das entschlossene Hinbewegen auf Plan A, möglichst wenige Infektionen und Aushungern des Virus, in Europa möglicherweise auch durch ein Abwechseln von Anzurren der Maßnahmen und temporären Lockerungen, ohne das ambitionierte Ziel aus den Augen zu verlieren, ist deshalb das Gebot der Stunde. Psychologische Dimension: Immer noch mangelt es an alltagstauglichen Tipps für die Bevölkerung.  Besser klare Ansagen als Stimmungen abzuwarten, die vielleicht leidvoll erarbeitet wurden.

Kleinere Staaten sind tendenziell im Vorteil, weil man spezifischer steuern kann. Das heißt im Umkehrschluss, dass es für größere Staaten Sinn machen kann, auf Länderebene spezifischer nachzuschärfen. Insbesondere in Österreich wird sich bald herausstellen, dass die Verhinderung der Ausbreitung des Virus in vielen ländlichen Regionen besser gelingen kann als in urbanen Räumen.  Ländliche Regionen sind hierzulande stark zersiedelt und die Menschen halten sich mit verblüffender Disziplin an die drastische Reduktion der Sozialkontakte. Das könnte dazu führen, dass eine Aufnahme des Teilbetriebs vielleicht schon in einigen Wochen anvisiert werden kann. Aber auch am Land wie in den Städten könnten immer wieder regionale bzw. sektorale Ausgangsbeschränkungen nach epidemischem Wiederaufflackern nötig werden.

Die sozialen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen sollten vor allem auf eine Überbrückung abzielen. Unsummen für die Finanzwirtschaft, Helikoptergeld und das Anwerfen der Notenpresse kann (ggf. nach anfänglicher Deflation) in die Hyperinflation führen. Ein in manchen Bereichen und Weltregionen erfolgter Wildwuchs an „Zombie-Firmen“ wird wohl eine ohnehin fällige Marktbereinigung erfahren und sollte nicht von der Krise auch noch profitieren, wenngleich solche Justierungen komplex sind. Das Motto „Koste es was es wolle“ muss in weiterer Folge auch dahingehend kritisch überprüft werden.

Stellen wir uns auf ein paar Monate ein, in denen weniger produziert und weniger konsumiert wird. Nach der Krise wächst die Wirtschaft wieder stärker. Unternehmen müssen kreativ werden und wo nur möglich Zustellservice anbieten. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, dass es nicht zu einem Ausverkauf von Unternehmen kommt.  Gerade auch die Wirtschaft sollte in Plan A ihren Vorteil erkennen. Verfrühte Lockerungen verlängern den Ausnahmezustand. Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Was man jetzt schon sagen kann: Maßnahmen wie das Schließen der Grenzen und Flughäfen waren viel unproblematischer als zunächst vielleicht erwartet. Auch die Disziplin der Bevölkerung liegt über den Erwartungen. Die Krise zeigt uns auch, dass die Ära der Globalisierung keine Einbahnstraße ist, sondern dass es in vielen Bereichen einen deutlichen Kurswechsel braucht. Dies ist wohl die wichtigste Lehre aus den Ereignissen.

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