Freiheit statt Sozialismus: Libertäre Wende in Argentinien
Der Ökonom Javier Milei hat die Präsidentenwahl klar gewonnen. Das bedeutet für Argentinien, der drittgrößten Volkswirtschaft Südamerikas, eine radikale Wende. Eine zu mehr Freiheit und weniger Staat.
Was Linke nicht begreifen, wird umgehend als populistisch abqualifiziert, als rechts und gefährlich bezeichnet. Bei Javier Milei, Argentiniens künftigen Präsidenten, begreift der gemeine Linke fast gar nichts. Milei sprengt die politischen Kategorien, in denen deutsche Mainstreamjournalisten und einschlägige Experten zu denken gewohnt sind. Weshalb sie Milei einfach zum „Rechtspopulisten“ machen. Eine unzulängliche Bezeichnung, die das Phänomen Milei nicht einmal ansatzweise beschreibt.
Weil „rechtspopulistische“ Politiker nach linkem Narrativ eine Gefahr für alles und jeden sind, hatte im Bericht der ARD- Tagesschau zum Wahlsieg Mileis ein besorgter Argentinier das erste Wort. Es folgte ein Experte, der prophezeite, dass Mileis radikale Ideen nicht umsetzbar und sozialer Sprengstoff seien. Die Befürchtung der Linken sind absurd, waren es doch die sozialistischen Peronisten, die das einst reiche Argentinien zu dem gemacht haben, was es jetzt ist. Ein aufgeblähter und heruntergewirtschafteter Staat, in dem fast die Hälfte der Bevölkerung in Armut lebt, die Arbeitslosigkeit hoch ist, die Inflation bei über 100 Prozent liegt und der am internationalen Kreditmarkt völlig isoliert ist. Von den 42 Millionen Argentiniern sind 15 Millionen Beamte, Rentner oder Sozialhilfeempfänger, aber nur neun Millionen arbeiten in der Privatwirtschaft.
Die Argentinier hatten die Nase voll vom korrupten politischen Establishment, sehnten sich nach Jahren sozialistischer Misswirtschaft nach Freiheit und Marktwirtschaft. Genau das verkörpert Milei. Er ist ein Libertärer, oder wie er sich selbst definiert, ein Anarcho-Kapitalist, der fest auf dem Boden der Österreichischen Schule der Nationalökonomie steht.
Milei hat für ein Buch, das Anfang des Jahres erschienen ist, ein Kapitel mit dem Titel „Kapitalismus, Sozialismus und die neoklassische Falle“ beigesteuert. Darin schreibt er, bezugnehmend auf die liberalen Ökonomen Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek, dass der Markt viel zu komplex sei, um von einzelnen Akteuren, etwa dem Staat, sinnvoll gelenkt werden zu können. Etwas, wovon die deutsche Ampelregierung trotz ihres kapitalen Scheiterns noch immer zutiefst überzeugt ist. Jeder staatliche Eingriff in den Markt, schreibt Milei, löst eine Vielzahl an Problemen aus, die der Staat mit immer neuen Eingriffen (erfolglos) zu lösen oder dämpfen versucht. Man nennt das eine Interventionsspirale. Was Milei in seinem Aufsatz beschreibt, kann man in Deutschland aktuell in Echtzeit beobachten. Milei: „Um diese Probleme erfolgreich zu lösen, wird jedoch davon ausgegangen, dass die Regierung die Präferenzen aller Individuen für die Vergangenheit, die Gegenwart, die Zukunft und den Stand der aktuellen Technologie sowie alle zukünftigen Verbesserungen kennt.“ Und das ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Milei ist ein Libertärer, der auf den Markt, Eigenverantwortung und Freiheit setzt und damit das vertritt, was das politmediale Establishment in Europa verachtet. So jammerte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne): Die Argentinien-Wahl zeige, „dass wir uns beeilen müssen. […] Wenn wir als Europäische Union uns nicht kümmern […] um die Mercosur-Staaten, dann werden es andere machen, mit einer anderen Agenda“. Die Ampel, die gerade Deutschland gegen die Wand fährt, will bzw. „muss“ sich jetzt also auch um die Belange Argentiniens kümmern. Dieser Größenwahn und die Allmachtsphantasien von linken Staatsgläubigen sind einem Libertären wie Milei fremd und verhasst. Bundeskanzler Olaf Scholz konnte sich nach Mileis Wahl nur dazu durchringen, auf „fruchtvolle bilaterale Beziehungen“ zu „hoffen“.
Die Angst der Linken vor Milei ist aus ihrer Sicht berechtigt. Nach seinem Wahlsieg verkündete er: „Heute endet das Modell des allgegenwärtigen Staates.“ Der 53-jährige Ökonom, der während des Wahlkampfes gern mit einer Kettensäge als Symbol für radikale Änderungen aufgetreten ist, hat angekündigt, den argentinischen Staatsapparat inkl. der Sozialausgaben zusammenzustutzen und mehrere Ministerien abschaffen zu wollen. Ganz in Sinne von Ludwig von Mises, der schrieb: „Der Staat sollte innerhalb seiner Grenzen die Bürger vor gewaltsamen und betrügerischen Angriffen von Verbrechern schützen und das Land gegen Feinde von außen verteidigen. Das sind die Aufgaben eines Staates in einem freien, marktwirtschaftlichen System.“ Milei drückt das etwas derber aus. In einem viral gegangenen Video schimpft er: „Schiebt euch den Staat in den Arsch!“
Milei ist nicht nur Rabauke und Theoretiker, er will diese Ideen auch möglichst schnell umsetzen: Einen Tag nach seinem Wahlsieg kündigte er in einem Radio-Interview an, Staatsbetriebe, den Öffentlichen Rundfunk und die staatliche argentinische Nachrichtenagentur privatisieren zu wollen: „Alles, was in den Händen des privaten Sektors sein kann, wird in den Händen des privaten Sektors sein“, so Milei.
Er hasst aufgrund seiner Erfahrungen mit den Peronisten die linke Ideologie und die Linken aus tiefster Überzeugung. Daraus macht Milei keinen Hehl. In einem Interview begründet er seine Abneigung: „Weil sie Scheiße sind! Weil sie einen töten wollen! Man kann Scheißlinken keinen Millimeter abgeben, denn wenn man ihnen einen Millimeter abgibt, dann werden sie es auszunutzen, um dich zu zerstören. Man kann nicht mit linken Idioten verhandeln. Man verhandelt nicht mit Abfall, weil er dich vernichten will. (…) Sie verstecken alle ihre Schandtaten. Wenn du auf der anderen Seite stehst, dann werden sie versuchen, dich auszulöschen. Sie werden alles gegen dich verwenden, es ist ihnen egal, ob sie dein ganzes Leben ruinieren. Wieso? Weil du nicht wie sie denkst. (…) Weil wir besser werden als sie, weil wir sie im Kulturkampf übertrumpfen, weil wir ökonomisch, moralisch, ästhetisch besser sind als sie, weil wir in allem besser sind als sie, löst das, was bei ihnen aus. Sie nutzen den repressiven Staatsapparat mit Unsummen an Steuergeld, um uns zu zerstören. Und sie verlieren immer noch!“
Diese Ablehnung linker Politik und Systeme zieht er konsequent durch. Auch auf internationaler Ebene. So hat Diana Mondino, die als neue Außenministerin gehandelt wird, anklingen lassen, dass Argentinien den BRICS-Staaten nicht beitreten wird. Argentinien gehörte zu jenen sechs Ländern, die auf einem Gipfeltreffen in Südafrika im August eingeladen wurden, um sich den BRICS-Staaten anzuschließen. Das habe aber für Argentinien keinen Nutzen, so Mondino. Milei will, das hat er mehrfach klar gemacht, nicht mit Kommunisten, also auch nicht mit China, zusammenarbeiten. China hat deshalb bereits eine deutliche Warnung ausgesprochen: Es wäre ein “schwerer Fehler“, wenn Argentinien seine Beziehungen zu den BRICS-Staaten abbrechen und sich den USA annähern würde. Genau das hat Milei vor. Auch zum sozialistischen Präsidenten Brasiliens Lula da Silva hat er ein schlechtes Verhältnis und die bisher engen Beziehungen zwischen Buenos Aires und Moskau will Milei ebenfalls zurückfahren. Gleichzeitig will er eine Annäherung an die USA. So soll der US-Dollar gesetzliches Zahlungsmittel in Argentinien werden, um die Hyperinflation zu bekämpfen.
Dass US-Milliardär Elon Musk Milei zu seinem Sieg gratuliert hat, liegt vermutlich auch daran, dass Argentinien über große Lithiumvorkommen, also Rohstoffe für Elektroautos verfügt. Auch die für Argentinien wichtige Agrar-Industrie steht hinter Milei. Sie hofft auf Steuersenkungen und den Abbau bürokratischer Hürden. Argentinien ist einer der weltweit größten Exporteure von Soja, Mais, Weizen und Rindfleisch.
Mileis sitzt als Libertärer zwischen allen Stühlen, zwischen links und rechts. Er ist kein klassischer Konservativer, obwohl er das Waffenrecht liberalisieren will und sich gegen Abtreibung ausspricht. Gleichzeitig besitzt er geklonte Hunde, spricht sich für die Liberalisierung des Organhandels und für die Legalisierung von Drogen aus. Ein Libertärer als Präsident eines großen und geopolitisch wichtigen Landes. Das ist ein neues und spannendes Experiment. In Deutschland hoffen die Linken in Politik und Medien, dass Milei keinen Erfolg haben wird, und die Tagesschau freut sich, dass seine libertäre Partei keine Mehrheit im Parlament hat und damit, so vermuten die linken Redakteure, Milei viel seiner Ideen und Konzepte ohnehin nicht umsetzen wird können.
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