Die neue Lust am Untertanentum

Freiheit und Eigenverantwortung haben kaum noch einen Stellenwert. Nicht einmal mehr in politischen Sonntagsreden. Der moderne Bürger vertraut und verlässt sich in allen Lebenslagen auf das politmediale Establishment. Dieses wiederum misstraut dem Bürger grundsätzlich und kontrolliert ihn immer umfangreicher: eine symbiotische Beziehung.

Die Grünen sind seit ihren Anfängen erbitterte Gegner der Gen-Technik. In Deutschland forderten sie bereits 1997 ein Verbot für „grundsätzlich alle Anwendungsbereiche“ der Gen-Technik. Gentechnisch veränderte Lebensmittel kommen einem Grünwähler nicht auf den Tisch. Genmais könnte den Körper schädigen. Man kenne schließlich die Langzeitfolgen nicht, so das Standard-Argument der Grünen.

Seit Corona ist alles anders. Ausgerechnet grüne Politiker und Wähler sind die vehementesten Verfechter der Covid-Impfung. Dass man sich mit der Impfung reine Gentechnik in die Blutbahn jagt, scheint sie nicht zu stören, obwohl das für den Körper wesentlich folgenreicher als eine verdaute „Gen-Semmel“ ist.

Fraktionschef Anton Hofreiter kann sich – wie er vor wenigen Tagen betont hat – sogar eine Impfpflicht vorstellen. Die grünen Stammwähler applaudieren. In Österreich verhält es sich ähnlich. Wie kann das sein? Wie können Menschen, noch dazu grüne Fundis, ihre Prinzipien und ihr Weltbildüber Bord werfen, ohne mit der Wimper zu zucken? Man lässt sich voller Überzeugung, sich selbst und der Gesellschaft etwas Gutes zu tun, Gen-Impfstoff verabreichen und verachtet jene, die das nicht tun.

Wie kann man so eine weltanschauliche Kehrtwende erklären? Wie können aus Gentechnik-, Fortschritts- und Technik-Feinden im Handumdrehen glühende Gentechnik-Fans (auch wenn sie es nicht zugeben) werden, die jedes Risiko und jede Unsicherheit ausblenden?

Zum einen ist es keine Kehrtwende, die Grünen und der Großteil der Bürger haben stets getan, was sie auch jetzt tun, der herrschenden Klasse gehorchen, dem Zeitgeist folgen und ihre Meinungsführer aus Medien und Kultur nachäffen. Es ist nicht anders zu erklären, die Grünen vertrauen ihren politischen Führungsfiguren und ihren medialen Hilfstruppen, dem Juste Milieu, blind. Was Baerbock, Böhmermann oder Habeck in Deutschland und Klenk, Mückstein oder Van der Bellen in Österreich vorgeben, wird mit Begeisterung und ohne lange nachzufragen umgesetzt. Und da im postfaktischen Zeitalter Emotionen und Moral mehr als Fakten zählen, ist man, was Überzeugungen betrifft, ohnehin flexibel.

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben viele zudem ihre letzten Reste kritischen Bewusstseins entsorgt. Man hinterfragt die Pandemiemaßnahmen nicht, man befolgt sie. Man sorgt sich nicht um die immer weiter gehenden Einschränkungen der Bürgerrechte und die Außerkraftsetzung demokratischer Entscheidungsfindungsprozesse, sondern begrüßt die schnellen Maßnahmen, auch wenn sie des Öfteren kontraproduktiv oder sinnlos sind. Dem politmedialen Establishment ist es gelungen, im Zuge der Corona-Pandemie kollektivistische Verhaltensmuster in der Gesellschaft zu (re)aktivieren bzw. zu verstärken. Die politischen Machthaber, die in Deutschland, Österreich und vielen anderen westlichen Ländern unabhängig von ihrer Selbstdarstellung oder Selbsteinschätzung allesamt politisch links stehen, haben schnell gelernt, wie simpel und vor allem widerstandslos sich Menschen steuern und manipulieren lassen, wenn man die richtige Angst- und Drohkulisse aufbaut, die richtige Ansprache findet und von den relevanten metapolitischen Kräften unterstützt wird. Sie haben schnell an der neuen Machtfülle Gefallen gefunden. Deshalb ist die Pandemie noch lange nicht vorbei, dieses politische Instrument ist zu mächtig, zu verlockend, um es wieder aus den Händen zu geben.

Es macht mehr Spaß und ist bequemer, Entscheidungen ohne lästige öffentliche Debatten, ohne langwierige demokratische Prozesse mit dem Verweis auf deren absolute Notwendigkeit durchzudrücken, Befehle zu erteilen. Zumal man dafür auch noch von Presse, Promis und der Mehrheit der Bürger gelobt wird.

Dass Politiker für Machtmissbrauch anfällig sind, auch wenn sie in Sonntagsreden gerne Demokratie und Bürgerechte hochhalten, verwundert nicht. Wesentlich überraschender ist, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung gegen diese neuen Allmachtsphantasien der politischen Klasse nicht nur nicht wehrt, sondern offenbar glücklich mit dieser neuen Politkultur ist, Politiker in ihrem Tun sogar unterstützt und Abweichler hasst. Man fühlt sich offenbar wohl als Untertan, dem von der Obrigkeit alles abgenommen wird – vom Denken bis zum Vermögen.

Viele Bürger halten Impfskeptiker für Gefährder, Nazis oder Idioten. Dass die Forderungen, diese Menschen zu diskriminieren, sie an den gesellschaftlichen Rand zu drängen und entrechten möchte, immer lauter werden, liegt daran, dass man sie nicht mehr für vollwertige Mitglieder dieser Gesellschaft hält. Eine Entwicklung, die dunkle Erinnerungen weckt und von jenen, die ansonsten gerne öffentlichkeitswirksam um Demokratie und Rechtsstaat besorgt sind, nicht nur mitgetragen sondern sogar eingefordert werden.

Der demokratische Lack, den man in den vergangenen Jahrzehnten so sorgsam gepflegt und poliert hat, ist ab. Das Gerede von „Wehret den Anfängen“ oder „Unsere Freiheit muss jeden Tag neu verteidigt werden“ war nie mehr als eine billige Polit-Show. Man hat den Eindruck, dass Politiker wie Bürger froh sind, endlich die anstrengenden und lästigen Freiheiten abschaffen zu können. Im Kollektiv mit einer oder ein paar Führungsfiguren und klaren Verhaltensregeln ist das Leben eben einfacher. Die selbsternannten Weltoffenen, die „Anywheres“ fühlen sich im warmen Schoß des allmächtigen linken Nanny-Staates am wohlsten.  

Die Mehrheit der Bürger liefert sich den Entscheidungen des politmedialen Establishments bereitwillig aus. Das betrifft nicht nur die Corona-Pandemie, das betrifft alle wichtigen politischen Weichenstellungen, die mittlerweile wie selbstverständlich über die Köpfe der Bürger hinweg getroffen werden, zumal sie ja „alternativlos“ sind.

Einwanderungs-, Umwelt-, Europa-, Sozial- oder Finanzpolitik, hier darf es nur noch eine Linie geben. Da die Medien Teil des Herrschaftsapparates sind, werden nur noch Scheindebatten geführt. Der Umgang mit diesen Themen und Problemen steht ohnehin fest, für die Politiker, die Journalisten und die Mehrheit der Bürger. Wer in diesen zentralen ideologischen Fragen abweicht, gilt als politisch verdächtig bis gefährlich. Nur jene Parteien werden von den Medien, den politischen Mitbewerbern und den andern gesellschaftlich relevanten Kräften fair behandelt, die in diesen Punkten auf Linie sind.

Weil dieses Symbiose aus Herrschenden und Beherrschten seit Corona so prächtig funktioniert, arbeiten die Linken aller Parteien mit Hochdruck daran, auch die letzten Reste an Freiheit abzuschaffen, immer strengere Verhaltensregeln aufzustellen. Sie nutzen die Gunst der Stunde. Welche Worte darf ich noch benutzen, was darf ich essen, wie darf ich mich fortbewegen, darf ich noch Kinder in die Welt setzen und sie selbst erziehen? Das sind Fragen, die nicht mehr das Individuum frei treffen darf, sondern eine kleine Machtelite für das Kollektiv entscheidet, zumal der einzelne Bürger vor allem als Belastung und Gefahr für die Allgemeinheit und die Umwelt gesehen wird: als CO2-Emittent, als Überträger von Seuchen, als mehr oder weniger offener Rassist, Sexist, Hetzer, Hasser etc. Wer sich eine eigene Meinung erlaubt, gilt bereits als verdächtig. Nur wer sich exakt an die Vorgaben, Sprach- und Verhaltensregeln der Obrigkeit hält, kann von einem Gefährder zu einem akzeptierten Bürger, der längst nur mehr Untertan ist, werden. Deshalb hassen die neuen Untertanen auch alle, die das anders sehen, sie betrachten sie aus gesundheitlichen, sozialen und anderen Gründen als potentielle Gefährder.

Wer sich in der Herde, im Kollektiv bewegt, ist sicher und wird akzeptiert. Erst vor wenigen Tagen hat der Präsident des Nationalrates, Wolfgang Sobotka, ernsthaft vor der Bildung einer Gegenöffentlichkeit im Internet gewarnt. Nur noch  die alternativlosen Meinungen und Maßnahmen der Obrigkeit sollen veröffentlicht werden dürfen. Früher nannte man das Zensur und Diktatur. Mit solchen Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit will Sobotka die „liberale Demokratie“ verteidigen.

Viele Bürger sind mit dieser Entwicklung und solchen Politikern durchaus zufrieden. Sie verachten nicht ihre Unterdrücker, Erzieher und Ausbeuter (Österreich hat eine Staatsquote von fast 60 Prozent!), sondern jene, die die aktuellen politischen Entscheidungen und Strategien nicht für alternativlos halten. Weil die Gelegenheit und die Stimmung in der Bevölkerung günstig ist, wird unsere liberale Demokratie mehr oder weniger offen im Eiltempo entsorgt

Selbst dagegen regt sich wenig Widerstand. Bargeldverbot, Impfpflicht, Massenzuwanderung, zentrales Vermögensregister, Enteignung durch Quantitative Easing und andere politische Zumutungen gelten als fortschrittlich, zumal sie dem Allgemeinwohl dienen sollen. Auch dieses sozialistische Experiment wird enden, wie alle sozialistischen Experimente enden. Wenn es so weit ist, will einmal mehr wieder niemand dabei gewesen sein. Weder die Obrigkeit, noch die braven Untertanen. Zumindest in dieser Hinsicht bleibt man sich treu.

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