Die Anschober-Corona-Chronik
Gesundheitsminister Rudolf Anschober wird von den österreichischen Medien als umsichtiger Krisenmanager dargestellt. Laut einer aktuellen Umfrage finden 81 Prozent der Österreicher, dass Anschober in der Krise ein „gute Figur“ macht. Der Kurier adelte ihn zum „Minister Cool“. Zu Recht?
In dieser Chronik werden Aussagen des Gesundheitsministers in Bezug auf die Corona-Krise dokumentiert. Sie sollen belegen, dass von einem vorausschauenden oder umsichtigen Krisenmanagement nur bedingt gesprochen werden kann. Viele Entscheidungen und Maßnahmen wurden zu spät getroffen, Strategien von einem Tag auf den anderen geändert, ohne solche Richtungsschwenks der Bevölkerung zu erklären , weil das bedeuten würde, Fehler und Fehleinschätzungen öffentlich zugeben zu müssen. Die oft strapazierte „Transparenz“ ist zumeist nur ein Lippenbekenntnis.
Diese Dokumentation soll jene Aufgaben erfüllen, die die Mainstreammedien kaum noch wahrnehmen, weil sie im Zuge der Corona-Epidemie auf weitgehend unkritische Hofberichterstattung (insbesondere was die grünen Regierungsmitglieder betrifft) umgestellt haben.
Alle Aussagen sind mit Quellenangaben versehen. Die Chronik wird laufend ergänzt und aktualisiert. Sollten Sie interessante Aussagen finden, mailen sie sie uns (nur mit genauer Quellenangabe): office (at) verlagfrankundfrei.at
15.1.2020
„Die Gesundheitsbehörden selbst sind gut vorbereitet. Und wir verstärken die Information der österreichischen Bevölkerung“
Quelle: ORF
Aussage des Gesundheitsministers nachdem die Regierung eine Anzeigepflicht für Corona-Fälle erlassen hat.
22.1.2020
„Derzeit ist absolut kein Grund zur Aufregung, aber es braucht größte Aufmerksamkeit und internationale Abstimmung. Das wird durch die österreichischen Gesundheitsbehörden in allen Bereichen gut sichergestellt.“
Quelle: APA-OTS
25.1.2020
„Jetzt geht es darum, umsichtige Vorbereitungsmaßnahmen zu setzen„
Quelle: ORF
27.1.2020
„Die echte Grippe ist aktuell bei uns viel näher und gefährlicher als das Coronavirus (…)“
Quelle: Wiener Zeitung
27.1.2020
„Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit dem Coronavirus in Österreich ist derzeit gering und wir sind gut auf eine allfällige Ausbreitung des Virus vorbereitet. “
Quelle: APA-OTS
27.1.2020
Man könne „nicht besser vorbereitet sein“
Quelle: Die Presse
Anschober nach einem Einsatzstab im Innenministerium
31.1.2020
„Österreich hat ein bestens aufgestelltes Gesundheitssystem mit ausgezeichneten Fachkräften. Es besteht kein Grund zur Panik. Was mich allerdings alarmiert, sind die aktuell enorm hohen Grippezahlen. Ich empfehle daher den Österreicherinnen und Österreichern sich impfen zu lassen“
Quelle: ORF
Anschober reagiert auf die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufene „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“
31.1.2020
„Die Ausrufung des Gesundheitsnotstands durch die WHO hat für die österreichische Bevölkerung vorerst keine unmittelbaren Auswirkungen und es besteht kein Grund zur Sorge.“
Quelle: APA-OTS
31.1.2020
„Der ausgerufene Notstand der WHO ist vorwiegend eine Präventivmaßnahme, um vor allem jenen Ländern schneller helfen zu können, die ein weniger entwickeltes Gesundheitssystem haben.“
Quelle: APA-OTS
Aussendung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
12.2.2020
„Alle 105 Coronavirus Tests in Österreich negativ – Influenza-Welle rollt hingegen weiter“
Quelle: APA-OTS
Im Februar betont Anschober mehrfach, dass von Influenza die größere Gefahr ausgehe als von Corona
16.2.2020
„Mein Eindruck ist, dass Österreich zu den Ländern gehört, die am besten aufgestellt sind.“
Quelle: OE24
18.2.2020
„Covid-19 bleibt damit eine regionale Epidemie und wir müssen alles dazu beitragen, dass daraus keine globale Pandemie wird“
Quelle: APA-OTS
18.2.2020
„ (…) alle bereits 170 durchgeführten Testungen waren bislang negativ “
Quelle: APA-OTS
Bis zum 18. Februar wurden in ganz Österreich nur 170 Tests durchgeführt! Tedros Adhanom Ghebreyesus, Chef der Weltgesundheitsorganistaion (WHO) hat eine simple Botschaft an Länder, die mit der Epidemie zu kämpfen haben: ‚Test, test, test“
23.2.2020
„Grenzkontrollen derzeit nicht nötig“
Quelle: Kronen Zeitung
23.02.2020
Direktmaschinen aus China „extrem gut überprüft“
Quelle: Kronen Zeitung
Wie Anschober wenige Tage später angibt, besteht die „extrem gute Prüfung“ aus Fiebermessen. Mit dieser Methode könne man mit „Glück“ feststellen, ob jemand infiziert ist
25.2.2020
„Eine Grenzschließung (zu Italien A.d.V.) haben wir ausgeschlossen, weil diese Maßnahme nicht angebracht wäre“
Quelle: OÖ-Nachrichten
25.2.2020
„Eingrenzung von Verdachtsfällen aber nicht Begrenzung des Reisens.“
Quelle: OE24
Anschober rät am „nicht prinzipiell“ von Reisen nach Italien ab
27.2. 2020
„Es gibt keine Absolutregel“
Quelle: Kleine Zeitung
Beim Verbot von Großveranstaltungen werde vielmehr von Fall zu Fall entschieden, so Anschober
27.2.2020
„Wir können dieses Land nicht unter einen Glassturz stellen. Das funktioniert nicht.“
Quelle: YouTube
27.2.2020
“ (…) dass wir die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation vollständig, voll und ganz umsetzen.“
Quelle: YouTube
Eine der Empfehlungen der WHO war zu diesem Zeitpunkt: „(…) die Untersuchung von Proben aus Verdachtsfällen“.
28.2.2020
„Müssen lernen, schneller zu denken und zu planen als das Virus sich ausbreitet.“
Quelle: Krone TV
28.2.2020
„Wir können das Glück haben, dass die Temperaturmessung nach der Inkubationszeit erfolgt. Dann funktioniert‘s.“
Quelle: Krone TV
Das Fiebermessen ist aber lange Zeit die einzige Kontrolle , die man bei Flugpassagieren aus China am Flughafen Wien-Schwechat durchführt.
1.3.2020
„Wir raten der Bevölkerung auch nicht an, Schutzmasken zu tragen.“
Quelle: Kronen Zeitung
Ende des Monats führt die Regierung eine Schutzmaskenpflicht in Supermärkten ein
1.3. 2020
„Dass man sogar beim Coronavirus auf die Flüchtlinge kommt, wo die wirklich rein gar nichts damit zu tun haben, halte ich schon für entbehrlich, aber es ist, wie gesagt, die Ausnahme.“
Quelle: Kronen Zeitung
Anschober im Kronen-Zeitungs-Interview auf die Frage: „Mit der einen Fraktion meinen Sie die FPÖ, die Grenzkontrollen und Quarantäne für Einwanderer gefordert hat?“
1.3. 2020
„Aber es ist völlig unangebracht, sich für Wochen und Monate einzudecken. Wenn das notwendig wäre, würden wir es klar kommunizieren.“
Quelle: Kronen Zeitung
Anschober kritisiert Menschen, die vorsorgen und sich eine Vorrat an lebensnotwendigen Gütern anlegen.
5.3.2020
„Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es ausreichend entsprechende Schutzmasken für medizinisches Personal.“
Quelle: OE24
Rund zwei Wochen später richtet der Ärztekammerpräsident einen dramatischen Appell an die Öffentlichkeit: „Die Ärztekammer versucht seit 8 Tagen Schutzausrüstung für Gesundheitsberufe zu bekommen. Es klappt schlicht nicht. Wir haben jetzt zu wenig Masken etc. und wenn die Krankheit ihren Peak hat, reicht es gar nicht mehr aus. Teilweise werden sogar normale OP Masken knapp. Dies betrifft den niedergelassenen Bereich und die Spitäler.“
13.3.2020
„Als einziges Land in Europa haben wir über die Hotline-Nummer 1450 frühzeitig Patientinnen und Patienten umgeleitet und so die Spitalsambulanzen entlastet.
Quelle: Der Standard
Eine Hotline einrichten ist zu wenig, sie muss auch funktionieren. Wie viele Erfahrungsberichte von Betroffenen zeigen, zeichnete sich diese Hotline durch extrem langen Wartezeiten und überforderte Mitarbeiter aus.
13.3.2020
Nichts davon ist in Planung.
Quelle: Der Standard
Anschober im Standard-Interview auf die Frage: „Sie schließen Ausgehverbote aus?
13.3.2020
„Es kursieren sehr viele Fake-News.“
Quelle: Der Standard
Anschober im Standard-Interview auf die Frage: „Es kursieren viele Gerüchte: (…) es gibt ein Ausgehverbot für alle. Was ist da dran?“ Am 16.3. verkündet die Regierung „Ausgangsbeschränkungen“.
14.3.2020
„Ich halte das für einen Lernprozess und ich freu’ mich darauf, dass dann, wenn wir die Corona-Krise gut überstanden haben, dass wir dann die Klima-Krise mit einer ähnlichen politischen Konsequenz angehen.“
Quelle: Addendum
Anschober in einem Ö1-Interview auf die Frage: „Sie sind Bundesminister der Grünen. Am Coronavirus zeigt sich ganz gut, dass drastische Maßnahmen möglich sind, wenn es um viele Menschenleben geht. Bei der Erderhitzung, beim Feinstaub, geht es auch um viele Menschenleben. Warum, denken Sie, kommt es hier zu nicht so drastischen Maßnahmen, und vielleicht sogar zu überhaupt keinen Maßnahmen?“
14.3.2020
„Es wird keine Ausgangssperren geben„
Quelle: Kleine Zeitung
Zwei Tage später, am 16.3., ruft Bundeskanzler Sebastian Kurz „Ausgangsbeschränkungen“ aus.
14.3.2020
„Es war immer klar, dass wir die richtige Maßnahme zum richtigen Zeitpunkt setzen.“
Quelle: Falter
24.3.2020
„Der Markt ist derzeit sehr umkämpft, wie Sie sich vorstellen können.“
Quelle: Kronen Zeitung
Weil man viel zu spät gehandelt hat, ist die Beschaffung nun extrem schwierig. Außerdem scheint Anschober gar nicht auf die Idee zu kommen, dass man Test, Masken etc. auch selbst im Land produzieren lassen kann
29.3.2020
„Ich habe immer gesagt, dass diese schwerste Gesundheitskrise seit Jahrzehnten Monate dauern wird. “
Quelle: Kronen Zeitung
29.3.2020
„Ich glaube nicht. Aber wir werden in einzelnen Zielgruppen testen, wie groß das Risiko einer Erkrankung ist, manche werden dann mit Masken ausgestattet. Eine flächendeckende Ausstattung hat aus meiner Sicht keinen Sinn. Für das Alltagsleben ist das nicht erforderlich.„
Quelle: Kronen Zeitung
Einen Tag nach diesem Interview verkündet Bundeskanzler Sebastian Kurz die Maskenpflicht. Sie gilt für alle Menschen bei Einkauf in Supermärkten.
29.3.2020
„Ich habe keinen Hinweis, dass auf Bundesebene Fehler passiert sind. „
Quelle: Kronen Zeitung
Anschober auf die Frage: „Zum Fall Ischgl: Corona-Krisenstab in Wien tagte längst, als es in Tirol zu Verzögerungen und Fehlern kam. Schließen Sie Mitschuld des Bundes aus?“
30.3.2020
„Wir sind von unserem Ziel noch weit entfernt“
Quelle: OÖ Nachrichten
2.4.2020
„Über Lockerungen diskutieren wir jetzt überhaupt nicht. (…) Und wir sind noch weit von den Zielen bei der Eindämmung entfernt.“
Quelle: Kronen Zeitung
2.4. 2020
„Sämtliche Zusammenkünfte in einem geschlossenen Raum, an denen mehr als fünf Personen teilnehmen, die nicht im selben Haushalt leben, ab Erhalt dieses Erlasses bis auf Weiteres zu untersagen“.
Quelle: Kurier
Der sogenannte Oster-Erlass von Anschobers Gesundheitsministerium, der von der Opposition und von Verfassungsjuristen heftig kritisiert wird. Verfassungsrechtler Funk: „Das geht zu weit.“ Funk „sieht daher im Erlass eine ‚Beeinträchtigung der Privatsphäre‘, wie diese nur etwa bei Hausdurchsuchungen geschehen darf. Diese Durchsuchungsbefehle gibt es normalerweise nur, wenn man unter dem dringenden Verdacht steht, ein schweres Verbrechen begangen zu haben“, schreibt der Kurier. Neos-Abgeordneter Scherak .„Jetzt darf die Polizei einfach anläuten und im Haus oder in der Wohnung eine Nachschau halten ohne Durchsuchungsbefehl. So etwa gibt es nur in autokratischen Ländern.“
4.4.2020
„Wir sehen, die Maßnahmen beginnen zu wirken, das Licht am Ende des Tunnels wird etwas größer. „
Quelle: Facebook
5.4.2020
„Gute Nacht, meine Lieben!“
Quelle: Facebook
Das postet Anschober auf seiner offiziellen Facebook-Seite. Der ehemalige Volksschullehrer scheint in seiner Rolle als gütiger Herrscher aufzugehen, der, wenn es sein muss, auch streng sein kann. Anschober dürfte die österreichischen Bürger mit seinen ehemaligen Volksschulkindern verwechseln.
6.4.2020
„Wir werden diese Verkehrsbeschränkungen, Ausgangsbeschränkungen fortsetzen und daher ist auch der Erlass, der am Wochenende für Verunsicherung gesorgt hat, nicht mehr erforderlich. Er wird mit heutigem Tag zurückgezogen.“
Quelle: Pressekonferenz im Bundeskanzleramt vom 6.4.2020
Nachdem der Widerstand gegen den demokratiepolitisch höchst bedenklichen Oster-Erlass offenbar größer als von Anschober erwartet ist, erklärt er ihn kurzerhand für nicht mehr notwendig. Als fadenscheinige Ausrede dient Anschober, dass die bisherigen Beschränkungen nun weiter aufrecht bleiben würden. Dabei stand deren Aufhebung zu diesem Zeitpunkt gar nicht zur Debatte.
6.4.2020
„Wir haben die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt gesetzt“
Quelle: Pressekonferenz im Bundeskanzleramt vom 6.4.2020
15.4.2020
„Ich habe keine Urlauber über Europa verteilt“
Quelle: ZiB2 vom 15.4.2020
Anschober auf die Frage, welche Verantwortung er bzw. sein Ministerium dafür trage, dass nach der Verhängung der Quarantäne über das Paznauntal in Tirol am 13. März die Touristen ungehindert abreisen durften und so das Corona-Virus über ganz Europa verteilten.
15.4.2020
„Ich bin ein Politiker, der mit Kritik umgehen kann, und wenn es eine Kritik gibt – und die hat es gegeben in Einzelfällen – dann wird auf die Kritik eingegangen.“
Quelle: ZiB2 vom 15.4.2020
Allerdings erst „nach“ der Krise, wann immer das auch sein wird. Also erst, wenn es für die Betroffenen ohnehin zu spät ist und schon Gras über die Sache gewachsen ist.
„Da hat etwas vom Gesamtzusammenhang nicht funktioniert, weil der Ostererlass eben einer ist oder einer war, der kritisiert wurde.“
Quelle: ZiB2 vom 29.04.2020
Wie meinen? Rudi Anschober hat nicht nur die Bürger verwirrt, er kennt sich selbst nicht mehr aus. Jedenfalls behauptet er rechtzeitig zu Beginn des Ramadan, dass es ohnehin nie ein Besuchsverbot gegen habe, das hätten sich die Bürger nur eingebildet. Anschober und die anderen Regierungsmitglieder haben vermutlich nur zum Spaß x-Mal erklärt, dass man dieses Jahr zu Ostern keine Familienfeiern abhalten dürfe. Aber jetzt wo Tausende Muslime in großen Runden am Abend das Fastenbrechen feiern, hat sich dieses Verbot eben als ein Missverständnis herausgestellt.